Freitag, 6. September 2013

Zu Unrecht schlechtgemacht: „The Lone Ranger“


Die neueste Kollaboration des Teams hinter der „Pirates of the Caribbean“-Reihe mit Gore Verbinski als Regisseur, Jerry Bruckheimer als Produzent und Johnny Depp in der Hauptrolle basiert auf einer gleichnamigen amerikanische TV-Serie aus den 50er Jahren. Dabei machte der Film in der Produktionsphase v. a. Schlagzeilen wegen des Kampfes um die Höhe des Budgets zwischen den Machern und dem Disney-Studio. Am Ende lief es dann doch auf die ursprünglich veranschlagten 215 Mio. Dollar hinaus – für einen Western (ein Genre, das nicht gerade als Zuschauermagnet bekannt ist) eine immens hohe Summe.

Das lange Startwochenende blieb mit nicht einmal 50 Mio. Dollar hinter den Erwartungen zurück und gerade die US-Kritiker machten ihre Abneigung in den Rezensionen nur allzu deutlich. Dieser Hass ist jedoch nicht gerechtfertigt, denn „The Lone Ranger“ bietet durchaus gute Unterhaltung und fährt einiges an Schauwerten auf – das hohe Budget sieht man auch. Er ist nicht so rund und kurzweilig wie „Fluch der Karibik“ es vor zehn Jahren war, aber Johnny Depp scheint endlich wieder halbwegs zu alter Form zurückgefunden zu haben. „The Lone Ranger“ ist nämlich seine beste Arbeit seit „Alice im Wunderland“ (vom komplett animierten „Rango“, ebenfalls ein skurriler Western unter Verbinskis Regie, mal abgesehen), nachdem „The Tourist“, „Dark Shadows“ und „The Rum Diary“ viele Fans doch eher enttäuschten.

Erzählt wird im Rückblick die Geschichte des Anwalts John Reid (Armie Hammer), der aus der Stadt in ein abgelegenes Westernstädtchen reist, in dem sein älterer Bruder Dan (James Badge Dale) einer der Ranger ist, die dort für Recht und Ordnung sorgen. Im selben Zug wie John reist auch der gefährliche Butch Cavendish (William Fichtner) als Gefangener mit, wird aber von seiner Bande befreit. Auf der Jagd nach dem Entflohenen, bei der auch John dabei ist, werden alle Ranger in einem Hinterhalt getötet. John überlebt nur Dank der Hilfe des Indianers Tonto (Johnny Depp), der John für einen „Seelenwanderer“ hält – einen Auserwählten, der nicht getötet werden kann. Das mysteriöse weiße Pferd hat es so bestimmt (sehr zu Tontos Leidwesen), und so zieht John sich widerwillig eine Maske über, um unerkannt zu bleiben, und macht sich mit Tonto auf die Suche nach Cavendish, denn auch der Indianer hat noch eine Rechnung mit dem Schurken offen.


Soweit zur Story, die auch von diversen Kritikern moniert wurde. Und so ganz ausgewogen ist sie in der Tat nicht. Für meinen Geschmack gab es zu viele Konfrontationen, die im Endeffekt zu nichts führten und mich als Zuschauer hin und wieder etwas frustriert zurückließen. Wenn sich Gut und Böse zum gefühlt zehnten Mal gegenüber stehen, und man Cavendish immer noch nicht los wird (denn dann wären John und Tonto ja nicht mehr die Guten, wenn sie ihn einfach so direkt töten würden), dann addiert das einfach nur zur Laufzeit des Films. Und die ist definitiv zu lang; als Zuschauer merkt man, dass der Film zweieinhalb Stunden hat. Manchen Szenen hätten ein paar Schnitte gut getan.
Auch der ein oder andere Subplot ist nicht notwendig, so hätte ich z. B. sehr gut ohne die Liebesgeschichte zwischen John und Rebecca, seiner Schwägerin, leben können, aber anscheinend dachte man, dass man für das weibliche Publikum unbedingt so was einfügen muss. Nein, muss man nicht. Frauen gehen nicht nur ins Kino, um sich Liebesschnulzen anzuschauen.

Ton und Stimmung des Filmes passen auch nicht immer so zusammen. Man merkt „The Lone Ranger“ an, dass man auf der einen Seite einen rauen, gefährlichen Western drehen (Cavendishs kannibalische Tendenzen, Schießereien, Massaker an Indianern), auf der anderen Seite aber auch lustig und unterhaltsam sein wollte (teilweise klamaukiger Humor). Das passt nicht immer ganz zusammen, da hat der letzte Feinschliff gefehlt. Gerade dem Humor merkt man aber auch Verbinskis etwas ausgefalleneren Geschmack an, was zu ziemlich skurrilen Momenten führt (oder Rollen wie der von Helena Bonham-Carter).

Schauspielerisch habe ich an „The Lone Ranger“ nichts auszusetzen. Johnny Depp scheint wieder annährend zu alter Form gefunden zu haben, denn obwohl er es natürlich auch bei Tonto nicht sein lassen kann, seine exzentrischen Manierismen zu nutzen, die er als Jack Sparrow formvollendet vorführte (aber auch schon in vielen Film davor anwendete), passt genau das dieses Mal wieder gut zur Figur. Man merkt Depp an, dass ihm die Rolle durchaus wichtig war. Seine Chemie mit Armie Hammer ist zum Glück gut, auch wenn Hammer leider das Pech hat und einen eher uninteressanten Charakter spielen muss. Der Fokus des Films liegt nämlich auf Tonto, der eine richtige Hintergrundgeschichte bekommt, während John Reid mit ein paar vagen Andeutungen vorgestellt wird und ansonsten eben den sturen, naiven Städter gibt. Dennoch macht Hammer das Beste aus den Gegebenheiten und kann sich immerhin auf sein sehr gutes komödiantisches Timing verlassen.


Von den anderen Schauspielern, nun ja, sieht man irgendwie nicht allzu viel. William Fichtner als Cavendish ist schön böse, aber er kommt leider längst nicht an einen Barbossa heran, dafür hat er dann doch irgendwie zu wenig gute Screentime abbekommen. Was sicherlich auch daran liegt, dass es noch diverse andere Charaktere (den Anführer der Kavallerie, den Chef der Eisenbahngesellschaft, diverse Banditen aus Cavendishs Bande) gibt, deren Geschichten auch erzählt werden wollen, was den Fokus leider vom großen Kontrahenten wegnimmt.
Helena Bonham-Carter macht als Besitzerin eines Freudenhauses Spaß und ist eine der wenigen weiblichen Rollen im Film. Ruth Wilson spielt Johns Schwägerin Rebecca, hat aber eigentlich nichts zu tun, außer sich um ihren Sohn (Bryant Prince, unterhaltsam) zu sorgen und von A nach B verschleppt zu werden.

Technisch bietet „The Lone Ranger“ einiges fürs Auge. Die großen Actionszenen sind sehr gut inszeniert (wie nicht anders zu erwarten von Verbinski), man behält auch gut den Überblick, wer was wann gerade tut. Die Effekte sind gelungen, und da es sich ja um ein Geisterpferd handelt, nehmen wir mal so hin, dass es auf Dächern rumspringen kann oder auf Bäumen steht. Hans Zimmers Musik ist stimmungsvoll und setzt die „Wilhelm Tell Overture“, die damals als Titelmusik der TV-Serie genutzt wurde, sehr effektvoll ein. Hinzu kommt eine wunderbare Kamerarbeit, die v. a. die Landschaft immer wieder gekonnt einfängt.

Fazit: Zugegeben, "The Lone Ranger" hat so seine Fehler, aber die große Katastrophe, als die er hingestellt wird, ist der Film nun wirklich nicht. Johnny Depp und Armie Hammer als gut aufgelegtes Team wider Willen, tolle Actionszenen und allgemein viele Schauwerte machen diesen Film gerade für Zuschauer, die auch "Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt" mochten, sehenswert.


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