Freitag, 1. August 2014

"Drachenzähmen leicht gemacht 2": Großartiges Wiedersehen mit Hicks, Ohnezahn & Co.



Dreamworks ist ein Studio, das im Bereich des CGI-Animationsfilms schon immer etwas schizophren war. Wunderbare Unterhaltung wie "Kung Fu Panda" oder "Madagascar" wechselte sich ab mit Gurken wie "Große Haie, kleine Fische" oder "Bee Movie". In 2010 ließ man dann den auf einer Kinderbuchreihe basierenden "Drachenzähmen leicht gemacht" auf das Publikum los und landete absolut berechtigt einen Überraschungshit, der weltweit fast 500 Mio. Dollar einspielte. Der Film war nicht nur witzig, sondern bot v. a. liebenswerte Charaktere und ganz viel Herz. Teil 2 startete in den USA leider hinter den Erwartungen, hat aber mittlerweile die 400 Mio Dollar-Marke überschritten und legte in Deutschland mit über 500.000 Besuchern am ersten Wochenende einen erfolgreichen Start hin. Warum "Drachenzähmen leicht gemacht 2" nicht auch in den USA so gut startete, erschließt sich mir nicht, denn der Film ist wirklich gut.  

Fünf Jahre nach den Ereignissen aus Teil 1 sind die Drachen nun fester Bestandteil des Dorflebens von Berk. So ziemlich jeder hat seinen ganz persönlichen Hausdrachen (oder zwei, oder zehn) und zur Unterhaltung werden Drachen jetzt nicht mehr bekämpft, sondern in rasanten Wettrennen eingesetzt. Der mittlerweile 20-jährige Hicks, Sohn des Anführers Haudrauf, schlägt sich unterdessen mit den Erwartungen seines Vaters herum - er soll das neue Stammesoberhaupt werden,  worauf er in seinem Freiheitsdrang keine große Lust hat. Als er zusammen mit seiner Freundin Astrid auf Eret und seine Drachenfänger trifft, die im Auftrag des niederträchtigen und ziemlich verrückten Drago handeln, will er der Sache auf den Grund gehen. Dabei trifft er schließlich auf einen mysteriösen Drachenreiter, während Astrid und ihre Freunde von Drago gefangen genommen werden. 


Regisseur Dean DeBlois sagte in Interviews, dass er sich an "Das Imperium schlägt zurück" orientierte, da der zweite Teil der ursprünglichen "Star Wars"-Trilogie seiner Meinung nach alles richtig machte: die Charaktere und ihre Welt werden ausgebaut, die Geschichte wird düsterer und emotionaler. Das war definitiv eine sehr gute Entscheidung.
"Drachenzähmen leicht gemacht 2" kann zwar den Zauber des ersten Teils nicht mehr ganz einfangen, punktet aber mit einer überzeugenden, nicht mehr ganz so geradlinigen Story mit einigen wirklich zu Herzen gehenden Momenten. Der Drama-Faktor wurde auf jeden Fall erhöht: die Einführung von Valka und ihr Zusammentreffen mit Hicks und später dann Haudrauf lassen einen schon schlucken; Bösewicht Dragos Fähigkeit die Drachen zu kontrollieren hat ernsthafte, schockierende Konsequenzen. Gerade Letzteres führt zu Szenen, die man eher selten in westlichen Animationsfilmen sieht. Die Reihe ist erwachsener, reifer geworden und scheut auch nicht vor ernsthaften und traurigen Szenen zurück.

Dies spiegelt sich auch zum Großteil in den Charakteren, die wir liebgewonnen haben und mit denen wir mitfühlen.  Sie haben alle so ihre kleinen Fehler (z. B. die Sturheit von Hicks oder Haudrauf), was sie noch sympathischer macht. Hicks macht gerade im Zusammenspiel mit seinem besten Freund Ohnezahn einfach unglaublich Spaß, und sein Charakter wird uns durch so viele liebenswürdige Details näher gebracht: sein toller Fluganzug und all die anderen Gimmicks, die er so gebastelt hat; sein Draufgängertum, das Ohnezahn meist mit einem genervten Blick quittiert; seine wunderbar realisierte Beziehung zu Astrid. Das ist übrigens auch ein Punkt, den man nicht oft genug betonen kann: Wie schön, endlich mal eine romantische Beziehung in einem Film zu sehen, die nicht gerade beginnt oder kurz vorm Ende steht. Astrid und Hicks sind ein eingespieltes Team, ihre Beziehung ist geprägt von echter Zuneigung, Respekt und Vertrauen. Einfach mal eine willkommene Abwechslung.
Hicks Freunde, die bekloppte Truppe mit Fischbein, Rotzbakke und den Zwillingen Raffnuss und Taffnuss, sind auch sehr unterhaltsam, wenn der Humor um sie herum auch etwas zu oft ins Brachiale abdriftet. Dafür ist Haudraufs bester Kumpel Grobian Gold wert und sorgt für einige der besten Lacher. Haudrauf selbst ist immer noch ein wunderbar realistischer Charakter, Valka das passend hyperaktive Gegenstück dazu, und Drachenfänger Eret  fügt sich als Muskelpaket gut ins bestehende Ensemble ein. Drago ist ein wirklich böser Bösewicht, so richtig!, was für den Film sicher nicht das Schlechteste ist, da schon genug andere emotionale Keulen ausgepackt werden, ohne dass man noch einen eigentlich nur missverstandenen, armen Bösen brauchen könnte. Die Sprecherleistungen von u. a. Daniel Axt als Hicks, Emilia Schüle als Astrid, Dominic Raacke als Haudrauf. und Martina Hill (einer der wenigen Neuzugänge im Ensemble) als Valka sind ohne Fehl und Tadel.


Auf der technischen Seite kann der neueste Ausflug nach Berg ebenfalls punkten. Visuell ist der Film ein Augenschmaus, die Flugszenen wie gewohnt wunderbar anzuschauen (wenn auch nicht mehr so einnehmend wie noch in Teil 1). John Powell fügt seiner Oscar-nominierten Filmmusik aus Teil 1 ein paar neue, unaufdringliche Themen hinzu. Generell kann man das Sounddesign loben, das häufig wirkungsvoll eingesetzt wird.

Klingt alles so furchtbar positiv, nicht wahr? Na gut, ein klein wenig zu meckern hab ich schon: Obwohl die Story an sich gut und logisch voranschreitet, schleichen sich gerade in der Mitte des Films doch ein paar Längen ein. Zwar sind die Szenen immer noch für sich schön anzusehen, aber sie bremsen die Handlung etwas aus. Und mich persönlich störte, dass Ohnezahn diese Mal mehr die Charakteristika eines Hundes als einer Katze aufwies (wie noch im 1. Teil, aber ich bin vielleicht auch zu sehr "Kateznmensch" *g*). Ohnezahn bleibt aber trotzdem einfach goldig und wunderbar. So einen möchte ich auch.

Fazit: "Drachenzähmen leicht gemacht 2" kann die Qualität seiner Vorgängers sowohl auf technischer wie auch auf handlungs- und charakterbasierender Ebene (trotz minimaler Abstriche) halten. Dabei wirkt der Film erwachsener und baut die Welt rund um Hicks und Ohnezahn auf gelungene Weise aus. Teil 3 kann gerne möglichst schnell kommen.