Donnerstag, 27. Dezember 2012

"Cloud Atlas": Ein Sextett, das natürlich nicht jedermanns Geschmack trifft


Basierend auf dem Roman von David Mitchell haben sich Tom Tykwer sowie Andy und Lana Wachowski an die Verfilmung dieses schwierigen Geschichte gemacht. Schwierig deshalb, weil der Roman sechs unterschiedliche Handlungsstränge in ebenso vielen Zeitebenen miteinander verwebt und man dadurch natürlich mit einer Menge von Charakteren konfrontiert wird. Überraschend, wie gut Tykwer und die Wachowskis dieses Geflecht darstellen – bis auf einige verwirrte Minuten zu Beginn, in denen man aus jedem Teil einen Bruchteil vorgesetzt bekommt, entfalten sich die unterschiedlichen Geschichten im Anschluss logisch und jederzeit nachvollziehbar.

Wir starten im Jahr 1846 mit dem Rechtsanwalt Adam Ewing (Jim Sturgess), der nach dem Besuch einer Plantage von der Sklaverei abgestoßen ist, einem entflohenen Sklaven hilft und dabei zu dessen Freund wird. 1936 treffen wir den jungen Komponisten Robert Frobisher (Ben Wishaw), der für einen kranken, aber erfolgreichen Komponisten dessen Ideen auf Papier bringt. Gleichzeitig arbeitet er jedoch an seinem eigenen Meisterwerk, dem „Wolkenatlas-Sextett“, und berichtet darüber in Briefen seiner großen Liebe.
Von diesem Stück hört die Journalistin Louisa Rey (Halle Berry) im San Francisco der 70er, während sie versucht, einen Skandal um ein Atomkraftwerk aufzudecken. 2012 schlägt sich der gewiefte Verleger Timothy Cavendish (Jim Broadbent) so durch und landet durch eine Intrige seiner Bruders im Seniorenheim. 132 Jahre in der Zukunft schließt sich die geklonte Kellnerin Somni-451 (Doona Bae) einer Revolutionsbewegung an, um die Missstände ihrer Gesellschaft endlich ans Tageslicht zu bringen. Ihre Verkündungen sind es dann auch, die in einer noch weiter entfernt liegenden Zukunft den Menschen Kraft geben, auf der durch eine Katastrophe zerstörten Erde zu leben. Zachry (Tom Hanks) hilft dabei der einem anderen Stamm angehörenden Meronym (ebenfalls Halle Berry), den Start in eine bessere Zukunft zu schaffen.


Ziemlich lange Inhaltsangabe, aber was soll man machen bei sechs unterschiedlichen Handlungssträngen? Dabei sollte man erwähnen, dass sich die viel beworbenen Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Geschichten teilweise auf Kleinigkeiten beschränken. Die Verbindung zwischen dem 70er Jahre-Plot und der 2012 spielenden Handlung ist z. B. so gut wie unbedeutend, während der Einfluss, den ein Detail aus dem 2012er Plot auf die Geschichte um Somni hat, sehr viel größer und wichtiger ist.

Die Themen, um die es in jeder Geschichte geht, sind jedoch universell: Unterdrückung und Machtausübung auf der einen und die Rebellion dagegen auf der anderen Seite, dargestellt auf unterschiedliche Weise. Sei es der junge Anwalt, der sich gegen die Sklaverei auflehnt, oder der alte Verleger, der es der Heimleitung zeigen will, oder die Journalistin, die es mit machtgierigen Konzernbossen aufnimm - immer geht es um die Freiheit von irgendeiner Art gesellschaftlicher Konvention. Das Ganze lässt sich, wenn man denn geneigt ist, sogar recht tiefgründig weiterspinnen, von der Sklaverei des 19. Jahrhunderts über die Abhängigkeit von Konzernen bis hin zur neuen Form der Sklaverei, den Klonen. Man kann den Film aber natürlich auch so genießen, ohne sich gleich in Diskussionen über die Verkommenheit der Gesellschaft zu verlieren.

Ein wenig schade ist, dass die unterschiedlichen Stile, die Mitchell in seinem Roman verwendet, nicht so leicht auf das Medium Film übertragbar sind. So ist die geschichte um den Anwalt Ewing tatsächlich in Reisetagebuch-Form geschrieben, wie es zu der Zeit üblich war; Frobishers Geschichte spielt sich gänzlich über seine Briefe ab, und die Geschichte in der fernen Zukunft ist der eigentümlichen sprache Zachrys geschrieben, sodass sich Leser bereits über die ganzen Rechtschreib- und Grammatikfehler beschwerten. *g* Leichter umsetzbar waren da die typischen Krimielemente der 70er Jahre-Handlung, der Schelmenromanstil in Verleger Cavendishs Geschichte oder die pure Science Fiction rund um Somni.
Klugerweise entschied man sich dazu, die Struktur des Romans nicht beizubehalten, sondern zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her zu schneiden - mal mit größeren, mal mit kürzeren Abständen zwischen den Schnitten, je nach Intensität der Szenen. Der Roman hat nämlich eine V-Struktur, geschrieben nach dem Muster a-b-c-d-e-f-e-d-c-b-a - er beginnt mit der geschichte um Ewing, bricht mittendrin ab, fängt die Geschichte um Frobisher an, bricht mittendrin ab usw., bis zur Geschichte um Zachry, die komplett erzählt wird, um danach die anderen Geschichten hintereinander zu beenden.


Jetzt hab ich mich ewig lange über Botschaften und Strukturen und Verbindungen usw. ausgelassen, ohne mit einem Wort die tollen Darsteller zu erwähnen. Tss. Alle übernehmen mehrere Rollen, sind teilweise unter der Maske kaum mehr zu erkennen. Dabei ist wichtig, dass es sich nicht um Reinkarnationen handelt - manche Figurenkonstellationen wiederholen sich zwar, aber dies ist längst nicht bei allen Charakteren der Fall und dient wohl eher dazu, narrative Parallelen aufzuzeigen. Die Maske dazu ist auch fast immer ausgezeichnet und funktionierte für mich nur bei Hugo Weaving als Krankenschwester irgendwie so gar nicht.

Am meisten in den Bann gezogen haben mich die Geschichten um Komponist Frobisher und Klon Somni. Ben Wishaw gibt den gequälten, moralisch durchaus fragwürdigen Künstler sehr überzeugend und das Ende seines Handlungsstrangs ist gerade auch durch das eindringliche Spiel von James D'Arcy sehr bewegend. Wie sagt man im Internet so schön: All the feels.
Somnis Geschichte fand ich gerade deshalb so interessant, weil sie uns eine Zukunft zeigt, die gar nicht so abwegig ist (Andeutungen für gewisse Aspekte, nicht nur im Bezug auf Sklaverei, gibt es in chronologisch vorher angeseidelten Handlungssträngen bereits) und damit besonders erschreckend. Und ehrlich gesagt bin ich einfach jemand, der diese Art Revolutionsgeschichten mag. Einige der besten Szenen sind die, in denen Somni verhört wird und ihre Sicht der Dinge darlegt. Sehr stark weil von Doona Bae eher zurückhaltend und nüchtern gespielt, wodurch das Ganze mehr Gewicht erhält.

Im Ton komplett von den anderen Geschichten abgesetzt ist die Geschichte um Jim Broadbents Verleger, der einfach ein gieriger Sack ist, den man aber doch irgendwie... mag. Jedenfalls im Vergleich zu seinem von Hugh Grant gespielten schleimigen Bruder und dem Personal des Altenheims. Die Ausbruchsversuche machen Spaß, und gleichzeitig gibt dieser Handlungsstrang dem Zuschauer auch immer wieder eine kleine Atempause von den anderen geschichten, die eher wenig zum Lachen bieten.

Tom Hanks' Charaktere sind fast durchweg unangenehme Typen, die manchmal einen guten Kern haben, manchmal aber auch nicht. Zachry ist da möglicherweise der Interessanteste - von einer teuflischen Halluzination verfolgt, eher feige, findet er eine gewisse innere Stärke, als er Meronym hilft.
Wie gesagt, auch all die anderen Schauspieler sind wirklich gut und ich könnte mich jetzt noch viel zu lange mit Rollenanalysen aufhalten, also lasse ich das lieber.



Auf der technischen Seite gibt es meiner Meinung nach nix zu meckern. Jede Geschichte wird in passenden, teils sehr schönen Bildern präsentiert. Die detaillierte Darstellung von Somnis Zukunftswelt ist beeindruckend. Die Musik, u. a. von Tom Tykwer persönlich, ist wunderschön anzuhören und untermalt das Leinwandgeschehen sehr gut.

Ich bin noch immer ein wenig zwiespältig, was die FSK-12 Freigabe angeht. Immerhin, ich hatte auf irgendeiner Kinowebsite eine Freigabe ab 6 gelesen, was mich doch sehr schockiert hatte. Der Film beinhaltet keine übermäßige Menge an Gewaltszenen, aber weggeschnitten wird auch nicht immer. Die Brutalität passt zu den Szenen/der Gesellschaft, in der sie stattfindet, aber ich bin kein großer Freund dieser Darstellungen. Der entsprechende Schockeffekt mancher Szenen ist dadurch aber durchaus höher. Dass R-Rating in den USA dürfte aber wohl andere Gründe haben.

Tja, und warum war "Cloud Atlas" dann so wenig erfolgreich an den Kinokassen? Es mag zum einen an der langen Spieldauer (fast drei Stunden) liegen, auf die sich nun wirklich nicht jeder einlassen möchte. Für mich verging die Zeit wie im Flug, aber wie man den diversen Kritiken entnehmen kann, wird einfach nicht jeder warm mit der Erzählweise (zu verwirrend) oder der dargebotenen Thematik (zu bemüht bedeutungsvoll). Und so hatte ich vielleicht einfach nur Glück, dass der Film für mich funktionierte. Einen Blick wert ist er auf DVD allemal.

Fazit:  "Cloud Atlas" bietet große Bilder und überzeugende Schauspieler in einem Film über Unterdrückung und Freiheit. Die sechs Handlungsstränge verlangen dem Zuschauer ein gewisses Maß an Konzentration ab, um ihnen zu folgen - wer sich aber dazu bereit erklärt, der erhält einen Film, über den man wahlweise gut diskutieren oder aber den man einfach nur so genießen kann. Nicht der beste Film des Jahres, aber für mich zumindest weit oben mit dabei.


Dienstag, 25. Dezember 2012

Ein frohes Weihnachtsfest!






Tja, Weihnachten ist offensichtlich auch nicht mehr das, was es mal war. *g*

Wir hoffen, dass es bei Euch dann doch noch ein wenig traditioneller und besinnlicher zugeht. In diesem Sinne wünschen Sunshine und ich Euch ein frohes, friedvolles, gemütliches und wunderschönes Weihnachtsfest im Kreise Eurer Lieben!

Vielen Dank an  alle Leser der "Ansichtssachen aus dem Wilden Westen". An die, die hier regelmäßig vorbeischauen und auch an die, die sich hier nur zufällig hin verirren. Und natürlich an die,die dann auch mal einen Kommentar hinterlassen, der immer willkommen ist. Und besonders gedacht sei auch an die, die das Weihnachtsfest vielleicht allein verbringen müssen und/oder krank sind. Euch allen ein wenig (und durchaus auch ein wenig mehr) von der Freude, dem Frieden und der Besinnung, die das Weihnachtsfest ausstrahlen soll.

Eure
Sunshine & Oellig

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Fantastisch: "Der Hobbit - Eine unerwartete Reise"

Das lange Warten hat endlich ein Ende: 11 Jahre nach dem Start der „Der Herr der Ringe“-Trilogie ist nun sozusagen der erste Teil der Prequel-Reihe angelaufen – „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“. Die Produktion war durch eine Reihe von Problemen gekennzeichnet, u. a. diverse Streitigkeiten um Rechte und Guillermo del Toros Absage als Regisseur (Termingründe), weshalb Peter Jackson schließlich doch nicht nur als Produzent, sondern direkt als Regisseur zurückkehrte.

Man entschloss sich dazu, nicht nur den eigentlichen Inhalt von J. R. R. Tolkiens Kinderbuch „Der kleine Hobbit“ rund um „Meisterdieb“ Bilbo Beutlin zu verfilmen, sondern auch Hintergrundgeschichten einzubinden, die erst in „Der Herr der Ringe“ Erwähnung finden (z. B. der Nekromant oder das Treffen des Weißen Rates). Die Entscheidung, die Geschichte nicht, wie ursprünglich geplant, in zwei Teilen, sondern in drei in die Kinos zu bringen, traf jedoch nicht überall auf Gegenliebe.

Worum geht es denn nun im ersten „Hobbit“-Film? Die Handlung spielt 60 Jahre vor „Der Herr der Ringe“. Bilbo (Martin Freeman) wird von Zauberer Gandalf (Sir Ian McKellan) mehr oder weniger dazu überredet, sich als Meisterdieb dem Zwergenführer Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und seinen zwölf treuen Zwergen anzuschließen. Diese wollen ihre alte Heimat im Berg Erebor zurückerobern, aus der sie vor vielen Jahren durch das Eindringen des Drachen Smaug vertrieben wurden. Bilbo soll ihnen durch seine Diebeskünste helfen, den Drachen zu besiegen. Er gliedert sich jedoch nur schlecht in die Truppe ein und Thorin lässt ihn seine Geringschätzung spüren. Auf ihrem Weg Richtung Erebor lauern so manche Gefahren in Gestalt von Bergtrollen und Orks, und Bilbo lässt sich auf ein Rätselspiel mit der seltsamen Kreatur Gollum ein...

Wie man auf so ziemlich jeder Pressekonferenz und in jedem Interview lesen konnte, unterbrach Jackson die Filmproduktion, nur damit Martin Freeman die Rolle des Bilbo übernehmen konnte, obwohl er an die „Sherlock“-Produktion gebunden war. Und man kann es nicht anders sagen: Eine bessere Entscheidung hätte Jackson nicht treffen können. Freeman ist möglicherweise das Beste am ganzen Film. Sein Timing, gerade in komödiantischen Szenen, ist perfekt, sodass z. B. seine Reaktion auf das erste Zusammentreffen mit der Zwergentruppe wirklich lustig ausfällt, während das Rätselspiel zwischen Bilbo und Gollum gleichzeitig spannend und unterhaltsam ist. Aber auch in ernsten Szenen ist er vollkommen überzeugend und verleiht Bilbos Wandlung vom Angsthasen zum Retter in der Not die notwendige Glaubwürdigkeit.

Und überhaupt, Gollum! Er war ja schon in der Ursprungstrilogie ein Fanliebling, aber hier ist er beinahe noch besser. Andy Serkis hatte nach eigenen Angaben etwas Probleme, wieder in diese Rolle hineinzufinden, aber davon merkt man keine Spur. Gollum ist beängstigend und bemitleidenswert zugleich, Serkis’ Schauspiel wird in der Animation perfekt übernommen. Fraglich ist ja leider, ob wir in den weiteren „Hobbit“-Filme noch einmal etwas von ihm zu sehen bekommen. Zu wünschen wäre es.

Auch alle anderen Schauspieler, und sieht man sie auch nur in Cameos (wie Christopher Lee oder Elijah Wood), sind perfekt besetzt. Sir Ian McKellan bringt das nötige Augenzwinkern für seinen Gandalf der Graue mit und Richard Armitage die nötige Ernsthaftigkeit und Anführerausstrahlung für Thorin. Bei zwölf weiteren Zwergen fiel es mir schon schwer, sie alle auseinanderzuhalten, aber Aidan Turner und Dean O’Gorman (als Fili bzw. Kili) oder Graham McTavish als Dwalin stachen schon heraus.


Ein weiteres Plus ist die gesamte technische Ausführung des Films: Er sieht einfach wunderbar aus. Nicht nur die schwelgerischen Kamerafahrten über Neuseelands Gebirge und Wälder sind großartig, auch die Sets und Kostüme sind – wie nicht anders zu erwarten – mir großer Liebe zum Detail gearbeitet.
Die Computeranimationen sind ebenfalls sehr gut (besonders nach wie vor Gollum), wirkten allerdings manchmal im Rundum-Schwenk etwas künstlich. Das könnte allerdings auch am 3D gelegen haben, welches ich nicht unbedingt gebraucht hätte – aber gut gemacht ist es.
Besonders gut hat mir auch die Musik von Howard Shore gefallen, die altbekannte Themen aus „Der Herr der Ringe“ mit neuen verbindet (z. B. das wunderbare „Misty Mountains“ Thema).

Die Handlung schreitet in einem recht angenehmen Tempo voran, wobei für mich persönlich die ein oder andere Kürzung nicht weh getan hätte. Das war mir etwas zu viel „Zwerge beim Abendessen“ oder „Triff Radagast den Braunen“, meine Freundin hat es allerdings kein bisschen gestört, sie fand z. B. gerade Radagast sehr unterhaltsam. Ist also wohl einfach Geschmackssache.

Der Humor ist möglicherweise auch nicht immer jedermanns Sache, da er sich häufig darauf verlässt, die Zwerge irgendetwas Blödes anstellen zu lassen. Hier darf man dann seinen Unmut gen Tolkien wenden, denn anders war es in der Buchvorlage auch nicht. Und die Parallelen zu „Die Gefährten“, was den Ablauf angeht, lassen sich ebenfalls auf die Vorlage zurückführen. Dafür hat Jackson einige andere Dinge verändert (so trifft Bilbo auf die Trolle, wenn er bereits mit den Zwergen unterwegs ist), was mich allerdings nicht sonderlich gestört hat und normalerweise erzählerisch Sinn macht.



An sich war es einfach schön, wieder in die Welt von Mittelerde einzutauchen, sozusagen ein Wiedersehen mit ein paar alten Bekannten und vielen interessanten neuen Leuten. Freuen wir uns nun auf den Drachen Smaug, die Erlebnisse im Düsterwald, Beorn und Bard und vermutlich eine ziemlich große Schlacht im letzten Teil.

Fazit: Für jeden, der sich halbwegs für das Genre Fantasy interessiert, ist „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ ein absolutes Muss. Eine perfekte Besetzung, eine sehr gute technische Umsetzung und die Liebe der Macher zu dieser von Tolkien kreierten Welt sorgen dafür, dass der Film seinem Vorgänger „Der Herr der Ringe“ gerecht wird. Und jetzt geht die elende Warterei wieder los... 


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