Sonntag, 10. Juni 2012

"Snow White & the Huntsman": Hallo, Dejá Vùs!


Und zum zweiten Mal in diesem Jahr nach "Spieglein, Spieglein" kommt eine Adaption des Grimm'schen Märchens "Schneewittchen" in die deutschen Kinos, dieses Mal allerdings düsterer und mit dem Anspruch, eine Fantasy-Klientel zu bedienen.

Die wunderschöne, aber durchtriebene Ravenna (Charlize Theron) schafft es mit schwarzer Magie, den vom Volk geliebten König und Vater der kleinen Snow White zu heiraten. Noch in der Hochzeitsnacht tötet sie ihn und reißt die Macht an sich. SnowWhite wird in einen Turm eingesperrt und dunkle Jahre folgen für das Königreich. Ravennas magischer Spiegel sagt ihr schließlich, dass Snow White (Kristen Stewart) sie an Schönheit übertrifft. Diese kann fliehen bevor Ravenna sie töten kann und flüchtet in den Dunklen Wald. Ravenna beautragt den Huntsman (Chris Hemsworth) damit, das Mädchen zurückzubringen, doch Huntsman beschließt, Snow White lieber zum letzten Rebellenlager zu bringen, wo sich auch Snow Whites Jugendfreund William (Sam Claflin) befindet. Gemeinsam wollen sie versuchen, Ravennas Herrschaft zu beenden.

Fangen wir einmal mit den positiven Aspekten von "Snow White & the Huntsman" an: Die meiste Zeit sieht der Film wirklich gut aus. Man merkt hin und wieder, dass Regisseur Rupert Sanders kein riesiges Budget zur Verfügung hatte, so z. B. beim finalen Kampf mit einem für Fantasyfilme vergleichsweise kleinen Heer oder auch so mancher Computeranimation. Dennoch kann der Film schöne Landschaftsaufnahmen sowie wirklich großartige Kostüme (von der dreifachen Oscar-Gewinnerin Colleen Atwood) für sich verbuchen.
Die Szenen im Dunklen Wald waren von der Kameraführung und Isnzenierung her gut umgesetzt.


Die Schauspieler sind alle soweit in Ordnung. Charlize Theron überstrahlt alle als böse Königin Ravenna, schwankt in ihrem Spiel aber zwischen ernsthafter Intensität und starkem Overacting, was nicht immer in den Film passt. Vielleicht soll das den zerrissenen Charakter ihrer Figur widerspiegeln, nur ist das bisschen Hintergrundgeschichte zu Ravenna so vage, dass man es als Zuschauer eher als störend empfindet.
Wirklich gut war Chris Hemsworth als Huntsman. Nicht, dass er hier allzu viel zu tun gehabt hätte, aber er bekommt wenigstens eine glaubwürdige Hintergrundgeschichte und bringt dies auch ganz gut rüber. Schön, ihn auch mal in einer anderen als seiner Paraderolle Thor zu sehen, und er bemüht sich wirklich, seiner Figur Tiefgang zu verleihen.
In den Nebenrollen fallen die diversen britischen Charakterköpfe als Zwerge auf (u. a. Ian McShane, Toby Jones, Bob Hoskins und Nick Frost), Sam Claflin hat als William eigentlich nichts zu tun, sieht dabei aber immerhin ganz nett und etwas bedröppelt aus, und Sam Spruell als Ravennas anbiedernder Bruder Finn hat ein paar ganz gut Momente (und darf die schlimmste Frisur des Films auftragen).

Tja, und dann gibt es noch Kristen Stewart als Snow White. Es ist müßig darüber zu streiten, ob sie vom Aussehen her überhaupt auf die Rolle passt. Ich finde nicht, dafür ist sie einfach viel zu sehr Mädchen von nebenan, v. a. wenn man ihr eine Charlize Theron gegenüberstellt. Darüber könnte ich aber gern hinwegsehen, nur leider bleibt ihre Rolle viel zu flach, als dass uns der Charakter ans Herz wachsen könnte. Sie hat nicht besonders viel Dialog, ihr wird auf ihrem Weg ständig geholfen (und entsprechende Ausreden gesucht, warum sie sich nicht mal revanchiert), aber das Langweiligste an der ganzen Sache, womit die Geschichte steht und fällt, ist: Sie ist die Auserwählte. Dazu bestimmt, die böse Königin zu besiegen. Und genau an dem Punkt hört der Charakter auf mich zu interessieren, da sie selbst gar nicht wirklich etwas tun muss, um besonders zu sein. Sie ist es einfach.


Was hat mich neben dem nur bedingt ausgearbeiteten Charakteren nun am meisten gestört? Nun, einmal war es das Pacing des Films. Gerade in der Mitte gab es richtige Durchhänger, bei denen ich mich immer wieder dabei ertappte mir zu wünschen, dass sie diese Szene geschnitten hätten. So das Treffen auf ein am Wasser lebendes Volk, welches Snow White kurz bei sich aufnimmt. Die Szene führt im Endeffekt zu nichts, außer dass sie den Film ca. 15 min länger macht. Genauso eine ausgedehnte Beerdigungsszene, die mich aber völlig kalt ließ, da wir den Charakter überhaupt nicht richtig kennengelernt hatten.

Und dann die ganzen geklauten Elemente au anderen Filmen.  Ehrlich, wenn ich "Der Herr der Ringe" sehen will, dann guck ich mir die DVD an. Es gab so viele Dejá Vùs in diesem Film, das war irgendwann echt nicht mehr lustig.
Die Gestaltung der Zwerge inkl. bedeutungsschwangerer Lieder, das königliche Banner, der blöde weiße Baum im Schlossinnenhof, Ravenna mit ihren Krähen als Saruman-Inkarnation ("Crebain aus Dunland! Versteckt euch!"), Snow Whites Wandeln im weißen Kleid mit bloßen Füßen im Weichzeichner-Licht genau wie Galadriel, Snow Whites Anfeuerungs-Rede à la Aragorn (und er war deutlich besser), das plötzlich auftauchende weiße Pferd (war es möglicherweise sogar dasselbe Pferd wie in "Der Herr der Ringe"?), die Verfolgungsjagd zwischen Snow White und den Schergen der Königin (oder Arwen und den Nazgul)... Ich hätte noch mehr.
Hinzu kamen noch diverse Anleihen bei anderen Filmen. Der Dunkle Wald ist eine Mischung aus dem Fangornwald ("Der Herr der Ringe") und dem Feuersumpf aus "Die Braut des Prinzen"; Voldemort lässt sich auch kurz blicken; und der Gott des Waldes aus "Prinzessin Mononoke" ist ebenfalls dabei, allerdings hat man ihn jetzt in einen zuckrig-süßen Pseudo-Disney-Feenwald verfrachtet und leider erfährt der geneigte Zuschauer auch nie, das es sich um den Gott des Waldes handelt. Nur, dass Snow White was ganz besonderes ist, denn dieses Wesen zeigt sich sonst nie. Aha. Dieser Feenwald ist sowieso faszinierend, da er anscheinend einen großartig gesicherten Eingang hat, aber auf der anderen Seite einfach in das offene Land übergeht (?), sodass auch die Bösen ihn ohne Probleme betreten können. Oder so.

Und am besten fang ich gar nicht erst an damit was Snow White alles überraschenderweise kann, obwohl sie seit ca. 10 Jahre nur in einem Turm gelebt hat. Reiten ohne Sattel in vollem Galopp? Kein Problem! Schwimmen im tosenden Meer, ganz nah an den Klippen? Bitte, wie leicht! Sich schwertkämpfend durch einen Trupp ausgebildeter Soldaten kämpfen? Macht sie mit links. Tanzen? Wahh, Hilfe, das hat sie am Hof nie gelernt!

Übrigens, Bogenschießen ist wirklich absolut "in". Mit Williams Charakter haben wir bereits den vierten großartigen Bogenschützen dieses Jahr (neben Katniss aus "Die Tribute von Panem", Hawkeye aus "Avengers" und Merida aus Pixars "Brave"). Ist dann wohl die neue Trendsportart.

Fazit: "Snow White & the Huntsman" ist ein Film, der zu großen Teilen aus anderen Filmen besteht. Ordentliche Darstellerleistungen und schöne Ausstattung können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass man das alles schon mal gesehen hat - nur besser.

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