Donnerstag, 27. Dezember 2012

"Cloud Atlas": Ein Sextett, das natürlich nicht jedermanns Geschmack trifft


Basierend auf dem Roman von David Mitchell haben sich Tom Tykwer sowie Andy und Lana Wachowski an die Verfilmung dieses schwierigen Geschichte gemacht. Schwierig deshalb, weil der Roman sechs unterschiedliche Handlungsstränge in ebenso vielen Zeitebenen miteinander verwebt und man dadurch natürlich mit einer Menge von Charakteren konfrontiert wird. Überraschend, wie gut Tykwer und die Wachowskis dieses Geflecht darstellen – bis auf einige verwirrte Minuten zu Beginn, in denen man aus jedem Teil einen Bruchteil vorgesetzt bekommt, entfalten sich die unterschiedlichen Geschichten im Anschluss logisch und jederzeit nachvollziehbar.

Wir starten im Jahr 1846 mit dem Rechtsanwalt Adam Ewing (Jim Sturgess), der nach dem Besuch einer Plantage von der Sklaverei abgestoßen ist, einem entflohenen Sklaven hilft und dabei zu dessen Freund wird. 1936 treffen wir den jungen Komponisten Robert Frobisher (Ben Wishaw), der für einen kranken, aber erfolgreichen Komponisten dessen Ideen auf Papier bringt. Gleichzeitig arbeitet er jedoch an seinem eigenen Meisterwerk, dem „Wolkenatlas-Sextett“, und berichtet darüber in Briefen seiner großen Liebe.
Von diesem Stück hört die Journalistin Louisa Rey (Halle Berry) im San Francisco der 70er, während sie versucht, einen Skandal um ein Atomkraftwerk aufzudecken. 2012 schlägt sich der gewiefte Verleger Timothy Cavendish (Jim Broadbent) so durch und landet durch eine Intrige seiner Bruders im Seniorenheim. 132 Jahre in der Zukunft schließt sich die geklonte Kellnerin Somni-451 (Doona Bae) einer Revolutionsbewegung an, um die Missstände ihrer Gesellschaft endlich ans Tageslicht zu bringen. Ihre Verkündungen sind es dann auch, die in einer noch weiter entfernt liegenden Zukunft den Menschen Kraft geben, auf der durch eine Katastrophe zerstörten Erde zu leben. Zachry (Tom Hanks) hilft dabei der einem anderen Stamm angehörenden Meronym (ebenfalls Halle Berry), den Start in eine bessere Zukunft zu schaffen.


Ziemlich lange Inhaltsangabe, aber was soll man machen bei sechs unterschiedlichen Handlungssträngen? Dabei sollte man erwähnen, dass sich die viel beworbenen Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Geschichten teilweise auf Kleinigkeiten beschränken. Die Verbindung zwischen dem 70er Jahre-Plot und der 2012 spielenden Handlung ist z. B. so gut wie unbedeutend, während der Einfluss, den ein Detail aus dem 2012er Plot auf die Geschichte um Somni hat, sehr viel größer und wichtiger ist.

Die Themen, um die es in jeder Geschichte geht, sind jedoch universell: Unterdrückung und Machtausübung auf der einen und die Rebellion dagegen auf der anderen Seite, dargestellt auf unterschiedliche Weise. Sei es der junge Anwalt, der sich gegen die Sklaverei auflehnt, oder der alte Verleger, der es der Heimleitung zeigen will, oder die Journalistin, die es mit machtgierigen Konzernbossen aufnimm - immer geht es um die Freiheit von irgendeiner Art gesellschaftlicher Konvention. Das Ganze lässt sich, wenn man denn geneigt ist, sogar recht tiefgründig weiterspinnen, von der Sklaverei des 19. Jahrhunderts über die Abhängigkeit von Konzernen bis hin zur neuen Form der Sklaverei, den Klonen. Man kann den Film aber natürlich auch so genießen, ohne sich gleich in Diskussionen über die Verkommenheit der Gesellschaft zu verlieren.

Ein wenig schade ist, dass die unterschiedlichen Stile, die Mitchell in seinem Roman verwendet, nicht so leicht auf das Medium Film übertragbar sind. So ist die geschichte um den Anwalt Ewing tatsächlich in Reisetagebuch-Form geschrieben, wie es zu der Zeit üblich war; Frobishers Geschichte spielt sich gänzlich über seine Briefe ab, und die Geschichte in der fernen Zukunft ist der eigentümlichen sprache Zachrys geschrieben, sodass sich Leser bereits über die ganzen Rechtschreib- und Grammatikfehler beschwerten. *g* Leichter umsetzbar waren da die typischen Krimielemente der 70er Jahre-Handlung, der Schelmenromanstil in Verleger Cavendishs Geschichte oder die pure Science Fiction rund um Somni.
Klugerweise entschied man sich dazu, die Struktur des Romans nicht beizubehalten, sondern zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her zu schneiden - mal mit größeren, mal mit kürzeren Abständen zwischen den Schnitten, je nach Intensität der Szenen. Der Roman hat nämlich eine V-Struktur, geschrieben nach dem Muster a-b-c-d-e-f-e-d-c-b-a - er beginnt mit der geschichte um Ewing, bricht mittendrin ab, fängt die Geschichte um Frobisher an, bricht mittendrin ab usw., bis zur Geschichte um Zachry, die komplett erzählt wird, um danach die anderen Geschichten hintereinander zu beenden.


Jetzt hab ich mich ewig lange über Botschaften und Strukturen und Verbindungen usw. ausgelassen, ohne mit einem Wort die tollen Darsteller zu erwähnen. Tss. Alle übernehmen mehrere Rollen, sind teilweise unter der Maske kaum mehr zu erkennen. Dabei ist wichtig, dass es sich nicht um Reinkarnationen handelt - manche Figurenkonstellationen wiederholen sich zwar, aber dies ist längst nicht bei allen Charakteren der Fall und dient wohl eher dazu, narrative Parallelen aufzuzeigen. Die Maske dazu ist auch fast immer ausgezeichnet und funktionierte für mich nur bei Hugo Weaving als Krankenschwester irgendwie so gar nicht.

Am meisten in den Bann gezogen haben mich die Geschichten um Komponist Frobisher und Klon Somni. Ben Wishaw gibt den gequälten, moralisch durchaus fragwürdigen Künstler sehr überzeugend und das Ende seines Handlungsstrangs ist gerade auch durch das eindringliche Spiel von James D'Arcy sehr bewegend. Wie sagt man im Internet so schön: All the feels.
Somnis Geschichte fand ich gerade deshalb so interessant, weil sie uns eine Zukunft zeigt, die gar nicht so abwegig ist (Andeutungen für gewisse Aspekte, nicht nur im Bezug auf Sklaverei, gibt es in chronologisch vorher angeseidelten Handlungssträngen bereits) und damit besonders erschreckend. Und ehrlich gesagt bin ich einfach jemand, der diese Art Revolutionsgeschichten mag. Einige der besten Szenen sind die, in denen Somni verhört wird und ihre Sicht der Dinge darlegt. Sehr stark weil von Doona Bae eher zurückhaltend und nüchtern gespielt, wodurch das Ganze mehr Gewicht erhält.

Im Ton komplett von den anderen Geschichten abgesetzt ist die Geschichte um Jim Broadbents Verleger, der einfach ein gieriger Sack ist, den man aber doch irgendwie... mag. Jedenfalls im Vergleich zu seinem von Hugh Grant gespielten schleimigen Bruder und dem Personal des Altenheims. Die Ausbruchsversuche machen Spaß, und gleichzeitig gibt dieser Handlungsstrang dem Zuschauer auch immer wieder eine kleine Atempause von den anderen geschichten, die eher wenig zum Lachen bieten.

Tom Hanks' Charaktere sind fast durchweg unangenehme Typen, die manchmal einen guten Kern haben, manchmal aber auch nicht. Zachry ist da möglicherweise der Interessanteste - von einer teuflischen Halluzination verfolgt, eher feige, findet er eine gewisse innere Stärke, als er Meronym hilft.
Wie gesagt, auch all die anderen Schauspieler sind wirklich gut und ich könnte mich jetzt noch viel zu lange mit Rollenanalysen aufhalten, also lasse ich das lieber.



Auf der technischen Seite gibt es meiner Meinung nach nix zu meckern. Jede Geschichte wird in passenden, teils sehr schönen Bildern präsentiert. Die detaillierte Darstellung von Somnis Zukunftswelt ist beeindruckend. Die Musik, u. a. von Tom Tykwer persönlich, ist wunderschön anzuhören und untermalt das Leinwandgeschehen sehr gut.

Ich bin noch immer ein wenig zwiespältig, was die FSK-12 Freigabe angeht. Immerhin, ich hatte auf irgendeiner Kinowebsite eine Freigabe ab 6 gelesen, was mich doch sehr schockiert hatte. Der Film beinhaltet keine übermäßige Menge an Gewaltszenen, aber weggeschnitten wird auch nicht immer. Die Brutalität passt zu den Szenen/der Gesellschaft, in der sie stattfindet, aber ich bin kein großer Freund dieser Darstellungen. Der entsprechende Schockeffekt mancher Szenen ist dadurch aber durchaus höher. Dass R-Rating in den USA dürfte aber wohl andere Gründe haben.

Tja, und warum war "Cloud Atlas" dann so wenig erfolgreich an den Kinokassen? Es mag zum einen an der langen Spieldauer (fast drei Stunden) liegen, auf die sich nun wirklich nicht jeder einlassen möchte. Für mich verging die Zeit wie im Flug, aber wie man den diversen Kritiken entnehmen kann, wird einfach nicht jeder warm mit der Erzählweise (zu verwirrend) oder der dargebotenen Thematik (zu bemüht bedeutungsvoll). Und so hatte ich vielleicht einfach nur Glück, dass der Film für mich funktionierte. Einen Blick wert ist er auf DVD allemal.

Fazit:  "Cloud Atlas" bietet große Bilder und überzeugende Schauspieler in einem Film über Unterdrückung und Freiheit. Die sechs Handlungsstränge verlangen dem Zuschauer ein gewisses Maß an Konzentration ab, um ihnen zu folgen - wer sich aber dazu bereit erklärt, der erhält einen Film, über den man wahlweise gut diskutieren oder aber den man einfach nur so genießen kann. Nicht der beste Film des Jahres, aber für mich zumindest weit oben mit dabei.


Dienstag, 25. Dezember 2012

Ein frohes Weihnachtsfest!






Tja, Weihnachten ist offensichtlich auch nicht mehr das, was es mal war. *g*

Wir hoffen, dass es bei Euch dann doch noch ein wenig traditioneller und besinnlicher zugeht. In diesem Sinne wünschen Sunshine und ich Euch ein frohes, friedvolles, gemütliches und wunderschönes Weihnachtsfest im Kreise Eurer Lieben!

Vielen Dank an  alle Leser der "Ansichtssachen aus dem Wilden Westen". An die, die hier regelmäßig vorbeischauen und auch an die, die sich hier nur zufällig hin verirren. Und natürlich an die,die dann auch mal einen Kommentar hinterlassen, der immer willkommen ist. Und besonders gedacht sei auch an die, die das Weihnachtsfest vielleicht allein verbringen müssen und/oder krank sind. Euch allen ein wenig (und durchaus auch ein wenig mehr) von der Freude, dem Frieden und der Besinnung, die das Weihnachtsfest ausstrahlen soll.

Eure
Sunshine & Oellig

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Fantastisch: "Der Hobbit - Eine unerwartete Reise"

Das lange Warten hat endlich ein Ende: 11 Jahre nach dem Start der „Der Herr der Ringe“-Trilogie ist nun sozusagen der erste Teil der Prequel-Reihe angelaufen – „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“. Die Produktion war durch eine Reihe von Problemen gekennzeichnet, u. a. diverse Streitigkeiten um Rechte und Guillermo del Toros Absage als Regisseur (Termingründe), weshalb Peter Jackson schließlich doch nicht nur als Produzent, sondern direkt als Regisseur zurückkehrte.

Man entschloss sich dazu, nicht nur den eigentlichen Inhalt von J. R. R. Tolkiens Kinderbuch „Der kleine Hobbit“ rund um „Meisterdieb“ Bilbo Beutlin zu verfilmen, sondern auch Hintergrundgeschichten einzubinden, die erst in „Der Herr der Ringe“ Erwähnung finden (z. B. der Nekromant oder das Treffen des Weißen Rates). Die Entscheidung, die Geschichte nicht, wie ursprünglich geplant, in zwei Teilen, sondern in drei in die Kinos zu bringen, traf jedoch nicht überall auf Gegenliebe.

Worum geht es denn nun im ersten „Hobbit“-Film? Die Handlung spielt 60 Jahre vor „Der Herr der Ringe“. Bilbo (Martin Freeman) wird von Zauberer Gandalf (Sir Ian McKellan) mehr oder weniger dazu überredet, sich als Meisterdieb dem Zwergenführer Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und seinen zwölf treuen Zwergen anzuschließen. Diese wollen ihre alte Heimat im Berg Erebor zurückerobern, aus der sie vor vielen Jahren durch das Eindringen des Drachen Smaug vertrieben wurden. Bilbo soll ihnen durch seine Diebeskünste helfen, den Drachen zu besiegen. Er gliedert sich jedoch nur schlecht in die Truppe ein und Thorin lässt ihn seine Geringschätzung spüren. Auf ihrem Weg Richtung Erebor lauern so manche Gefahren in Gestalt von Bergtrollen und Orks, und Bilbo lässt sich auf ein Rätselspiel mit der seltsamen Kreatur Gollum ein...

Wie man auf so ziemlich jeder Pressekonferenz und in jedem Interview lesen konnte, unterbrach Jackson die Filmproduktion, nur damit Martin Freeman die Rolle des Bilbo übernehmen konnte, obwohl er an die „Sherlock“-Produktion gebunden war. Und man kann es nicht anders sagen: Eine bessere Entscheidung hätte Jackson nicht treffen können. Freeman ist möglicherweise das Beste am ganzen Film. Sein Timing, gerade in komödiantischen Szenen, ist perfekt, sodass z. B. seine Reaktion auf das erste Zusammentreffen mit der Zwergentruppe wirklich lustig ausfällt, während das Rätselspiel zwischen Bilbo und Gollum gleichzeitig spannend und unterhaltsam ist. Aber auch in ernsten Szenen ist er vollkommen überzeugend und verleiht Bilbos Wandlung vom Angsthasen zum Retter in der Not die notwendige Glaubwürdigkeit.

Und überhaupt, Gollum! Er war ja schon in der Ursprungstrilogie ein Fanliebling, aber hier ist er beinahe noch besser. Andy Serkis hatte nach eigenen Angaben etwas Probleme, wieder in diese Rolle hineinzufinden, aber davon merkt man keine Spur. Gollum ist beängstigend und bemitleidenswert zugleich, Serkis’ Schauspiel wird in der Animation perfekt übernommen. Fraglich ist ja leider, ob wir in den weiteren „Hobbit“-Filme noch einmal etwas von ihm zu sehen bekommen. Zu wünschen wäre es.

Auch alle anderen Schauspieler, und sieht man sie auch nur in Cameos (wie Christopher Lee oder Elijah Wood), sind perfekt besetzt. Sir Ian McKellan bringt das nötige Augenzwinkern für seinen Gandalf der Graue mit und Richard Armitage die nötige Ernsthaftigkeit und Anführerausstrahlung für Thorin. Bei zwölf weiteren Zwergen fiel es mir schon schwer, sie alle auseinanderzuhalten, aber Aidan Turner und Dean O’Gorman (als Fili bzw. Kili) oder Graham McTavish als Dwalin stachen schon heraus.


Ein weiteres Plus ist die gesamte technische Ausführung des Films: Er sieht einfach wunderbar aus. Nicht nur die schwelgerischen Kamerafahrten über Neuseelands Gebirge und Wälder sind großartig, auch die Sets und Kostüme sind – wie nicht anders zu erwarten – mir großer Liebe zum Detail gearbeitet.
Die Computeranimationen sind ebenfalls sehr gut (besonders nach wie vor Gollum), wirkten allerdings manchmal im Rundum-Schwenk etwas künstlich. Das könnte allerdings auch am 3D gelegen haben, welches ich nicht unbedingt gebraucht hätte – aber gut gemacht ist es.
Besonders gut hat mir auch die Musik von Howard Shore gefallen, die altbekannte Themen aus „Der Herr der Ringe“ mit neuen verbindet (z. B. das wunderbare „Misty Mountains“ Thema).

Die Handlung schreitet in einem recht angenehmen Tempo voran, wobei für mich persönlich die ein oder andere Kürzung nicht weh getan hätte. Das war mir etwas zu viel „Zwerge beim Abendessen“ oder „Triff Radagast den Braunen“, meine Freundin hat es allerdings kein bisschen gestört, sie fand z. B. gerade Radagast sehr unterhaltsam. Ist also wohl einfach Geschmackssache.

Der Humor ist möglicherweise auch nicht immer jedermanns Sache, da er sich häufig darauf verlässt, die Zwerge irgendetwas Blödes anstellen zu lassen. Hier darf man dann seinen Unmut gen Tolkien wenden, denn anders war es in der Buchvorlage auch nicht. Und die Parallelen zu „Die Gefährten“, was den Ablauf angeht, lassen sich ebenfalls auf die Vorlage zurückführen. Dafür hat Jackson einige andere Dinge verändert (so trifft Bilbo auf die Trolle, wenn er bereits mit den Zwergen unterwegs ist), was mich allerdings nicht sonderlich gestört hat und normalerweise erzählerisch Sinn macht.



An sich war es einfach schön, wieder in die Welt von Mittelerde einzutauchen, sozusagen ein Wiedersehen mit ein paar alten Bekannten und vielen interessanten neuen Leuten. Freuen wir uns nun auf den Drachen Smaug, die Erlebnisse im Düsterwald, Beorn und Bard und vermutlich eine ziemlich große Schlacht im letzten Teil.

Fazit: Für jeden, der sich halbwegs für das Genre Fantasy interessiert, ist „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ ein absolutes Muss. Eine perfekte Besetzung, eine sehr gute technische Umsetzung und die Liebe der Macher zu dieser von Tolkien kreierten Welt sorgen dafür, dass der Film seinem Vorgänger „Der Herr der Ringe“ gerecht wird. Und jetzt geht die elende Warterei wieder los... 


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Mittwoch, 28. November 2012

"Breaking Dawn 2": Keine Überraschungen am Ende der "Twilight"-Reihe



Geschafft. Mit „Breaking Dawn 2“ ist nun die Filmreihe zu Stephanie Meyers "Twilight-Saga" abgeschlossen und als bekennender Nicht-Fan muss ich sagen: Der Abschluss ist ganz passabel geworden.

Bella (Kristen Stewart) hat nun endlich bekommen, was sie wollte: Sie ist ein Vampir, hat ein süßes Baby und Edward (Robert Pattinson), den Mann ihrer Träume. Sie kommt auch überraschend gut mit dem Blutdurst klar und dass Werwolf Jacob (Taylor Lautner) sich auf ihre Tochter geprägt hat, wird nach einem kleinen Wutanfall ebenfalls akzeptiert. Und Baby Renesmee wächst verdammt schnell - nach wenigen Monaten sieht sie bereits aus wie ein 8-jähriges Kind. Davon erfahren die Volturi, die Obervampire, und durch ein Missverständnis halten sie Renesmee für ein "unsterbliches Kind" - ein Kind, dass zum Vampir gemacht wurde, was - wie wir alle aus "Interview mit einem Vampir" wissen - eine verdammt schlechte Idee und somit unter Todesstrafe verboten ist. Ein Kampf scheint unausweichlich - die Cullens und ihre Verbündeten gegen die Volturi und ihre skrupellosen Wächter.

Natürlich hätte man aus der Handlung des 4. „Twilight“-Romans ohne Probleme einen einzigen Film machen können, aber die Chance auf noch mehr Geld konnte man sich wohl nicht entgehen lassen (nicht, dass sich das in besseren Effekten oder dergleichen widerspiegeln würde). Und so wird auch hier der ganze Konflikt ausgewalzt, was zu einigen unnötigen Längen führte. Auch kann ich leider immer noch nichts mit den Protagonisten Bella und Edward anfangen, weshalb die bemüht innigen Szenen zwischen den beiden auch die uninteressantesten Teile des Films für mich waren.


Zugute halten muss man "Breaking Dawn 2", dass er den Humor deutlich bewusster einsetzt als in den Teilen zuvor (jede Szene mit Bellas Vater Charlie, gespielt von Billy Burke, ist Gold wert) und auch wenn einiges noch ungewollt komisch ist, so darf man mittlerweile tatsächlich mit dem Film lachen. Und wer auch immer auf die Idee kam, Michael Sheen als Volturi-Boss Aro zu besetzen, verdient einen Preis für glorreiche Einfälle. Sheen interessiert sich offensichtlich nicht die Bohne für den ernsthaften Ton, den seine Szenen wohl versprühen sollen, und spielt, als wäre er in einer Parodie. Ihn sollte man auch dann nicht aus den Augen lassen, wenn mal der Fokus nicht auf seiner Figur liegt, es ist jedes Mal umwerfend komisch. Die anderen Schauspieler bemühen sich nach wie vor, etwas aus ihren Rollen zu machen, und Kristen Stewart ist als Vampir auf jeden Fall unterhaltsamer als als lebensmüde menschliche Bella.

Logiklöcher gibt es in der Handlung leider immer noch mehr als genug - so sieht Alice mal wieder den "Besuch" der Volturi voraus, aber wie das bei ihr so ist, sieht sie immer nur genau die Schnipsel aus der Zukunft, die einen Konflikt erst noch verstärken. Ein Vampir kann die Elemente kontrollieren, also auch Feuer – wie geht das, wenn Feuer Vampire doch töten kann? Auch wird extra betont, dass die Volturi kämpfen und nicht reden wollen, nur um dann Aro erstmal eine lange Diskussion anfangen zu lassen, wenn er den Cullens letztlich gegenüber steht. Gekämpft wird dann allerdings doch noch, und die Szene ist so vollkommen verrückt und over the top, dass wir uns prächtig amüsiert haben. Man merkte auch ganz genau, wer im Publikum entweder die Bücher nicht kannte oder es geschafft hatte, Spoiler im Internet zu vermeiden. *g*

Wie schon angemerkt, sind die Effekte leider immer noch nicht besonders gut – angefangen bei dem beunruhigend niedlichen CGI-Baby über die immer noch nicht vernünftig angepassten Wölfe hin zu offensichtlich auf Sound Stages gedrehten Szenen, bei denen man dann einfach die winterliche Szenerie eingefügt hat (aber es anscheinend für unwichtig erachtete, auch nur den Ansatz eines lauen Lüftchens in den Haaren der Charaktere anzudeuten). Ich bin mir sicher, das ginge besser, wenn man sich nur ein kleines bisschen mehr bemüht hätte. Außerdem nervte mich der Effekt für die Vampirgeschwindigkeit nach einiger Zeit enorm.

Dieses Mal fand ich auch den Einsatz von Liedern sehr anstrengend, da es sich fast ausnahmslos um deprimierend-bedeutungsschwangere Stücke handelte. Selbst, wenn gerade überhaupt nichts Dramatisches und/oder Trauriges passierte, das dieses Lied vielleicht noch irgendwie gerechtfertigt hätte.


Warum ich den Film trotzdem ganz passabel fand? Die Kampfszene war einfach zu bescheuert um sie nicht gut zu finden, und die Nebencharaktere machen es schon irgendwie sehenswert. Ob sie einen blöden Spruch bringen wie der „große Bruder“ Emmett, wunderbar darin sind, trocken auf jede noch so verwirrende Situation zu reagieren wie Bellas Vater, oder absolut durchgeknallt sind wie die Volturi – irgendwie machen diese Momente Spaß. Man muss sich eben dafür durch langweilige, ach so romantische Edward/Bella-Momente kämpfen. Ich frage mich aber auch, wie Lee Pace („Pushing Daisies“, „The Fall“), der hier einen der Cullen-Verbündeten spielt, sich in den Film verirrt hat. Da er aber sehr unterhaltsam war, nehm ich es einfach dankend an.

Jetzt können wir dieses Kapitel der modernen Popkultur auch endlich ad acta legen. Die entsprechende Klientel hat ja bereits ein neues Fressen gefunden: „50 Shades of Grey“, bezeichnenderweise eine ehemalige „Twilight“-Fanfiction (und leider keine gute, denn gegen Fanfiction an sich habe ich bekanntlich nichts).

Fazit: Der letzte Teil der „Twilight“-Reihe dürfte alle Fans zufrieden stellen und bietet für alle anderen immerhin noch genug unterhaltsame Momente (Dank der innerlich vor sich hin grinsenden Nebendarsteller). An der uninspirierten und v. a. unlogischen Story sowie der teilweise sehr schlechten technischen Umsetzung ändert dies aber leider auch nichts. 


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Sonntag, 18. November 2012

Guy Adams: "Sherlock:The Casebook"

"Don't buy this book. 
The author has transformed what should have been
 a series of lectures into a gross and tasteless entertainment."
- Sherlock Holmes, "The Casebook" 

BBC Books hat nun im November das von den Fans langersehnte "Casebook" zur Hit-Serie "Sherlock" herausgebracht und das Warten hat sich definitiv gelohnt. Bereits die Aufmachung gefällt: Ein handliches Hardcoverbuch mit Schutzumschlag und hochwertiger Papierqualität. Das Cover fällt mit seiner etwas ungewöhnlichen Gestaltung auf und im Innenteil des Schutzumschlages richten John und Sherlock höchstpersönlich ein paar Worte an die Leser (John gewohnt bescheiden, Sherlock gewohnt … charmant, s.o.).


Aber auch der Inhalt weiß zu gefallen. Mir kam es beim Lesen die meiste Zeit so vor, als hielte ich ein mit sehr viel Liebe und Herzblut gemachtes Fanbook in der Hand, denn so liest es sich. Locker und mit einem Augenzwinkern geschrieben, erfährt man selbst als sehr gut informierter Fan noch die ein oder andere Neuigkeit zur TV-Serie. Was meiner Meinung nach dieses Buch jedoch von ähnlichen seiner Sorte abhebt ist v. a. der geniale Einfall, die Fälle der Serie im Stile eines Sammelalbums zu präsentieren.
Alle sechs Folgen sind hier vertreten und werden genau beleuchtet – und zwar von Dr. John Watson höchstpersönlich. Er erklärt die Fälle anhand von Fotos, Notizen, Lageplänen, und (vermutlich gestohlenen) Polizeiberichten, und führt nebenher wunderbar verrückte Unterhaltungen mit Sherlock (und anderen) durch Post Its. Gerade Sherlocks häufig sarkastisch-giftigen Kommentare und Johns trockene Reaktionen darauf machen einfach richtig Spaß und bleiben der Serie jederzeit treu.


Die Abschnitte zwischen den Fällen sind unterhaltsam und informativ. Guy Adams beleuchtet die Anfänge der Serie - wie kamen Steven Moffat und Mark Gatiss überhaupt dazu, eine moderne Fassung von Arthur Conan Dolles beliebten Romanen zu realisieren? Und wie gingen sie später mit dem unerwarteten Erfolg um?

Außerdem erfahren wir mehr über die Konzeption der Charaktere Sherlock Holmes, John Watson und Jim Moriarty, wobei auch jedes Mal die Meinungen der jeweiligen Schauspieler eingebunden werden. Ein weiterer interessanter Abschnitt beschäftigt sich mit den verschiedenen "Sherlock Holmes"-Inkarnationen aus Film und Fernsehen mit besonderem Augenmerk auf die Rathbone- und Brett-Versionen, da diese die Macher deutlich beeinflussten. Fans der aktuellen Filme mit Robert Downey Jr. werden hier nicht fündig.


Nach jedem Fall wird außerdem auf kleine Anspielungen aus den Doyle-Romanen eingegangen; welche Dinge direkt übernommen wurden, was ein wenig verändert wurde, und welche weiteren Kleinigkeiten, die mit diesem Fall direkt nichts zu tun haben, eingefügt wurden.
Schließlich gibt es auch noch eine Bericht über Arthur Conan Doyle persönlich - über sein Leben mit besonderem Augenmerk auf sein Schaffen als Autor und wie er es nie schaffte, Sherlock Holmes loszuwerden, obwohl er doch nichts lieber getan hätte.


Fazit: "Sherlock: The Casebook" ist für Fans der Serie ein absolutes Muss. Aber auch alle anderen, die sich für Sherlock Holmes interessieren, liegen mit diesem unterhaltsamen Buch sicher richtig.


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Dienstag, 16. Oktober 2012

Kurzkritiken: Verwirrende Zeitreisen, Folter-Zombies mit 'nem Twist und Action made in Germany


Looper
Im Jahr 2044 sind Zeitreisen noch nicht erfunden - 30 Jahre später aber schon. Dies macht sich die Mafia zunutze und entledigt sich ihrer Feinde, indem sie diese in die Vergangenheit zurückschickt, wo sie direkt nach der Ankunft von einem sogenannten Looper getötet und "entsorgt" werden. Joe (Joseph Gordon-Levitt) lebt im Jahr 2044, ist so ein Looper und ist gut in seinem Job. Probleme bekommt er jedoch, als sein älteres Ich (Bruce Willis) der nächste auf seiner Liste ist - und flüchtet bevor Joe ihn töten kann. Während er alles daran setzt, sein älteres Ich doch noch zu erwischen, um den Konsequenzen durch seinen Boss zu entgegen, hat der "alte" Joe eine ganz eigene Agenda. 

Zeitreise-Filme sind immer so eine Sache, denn die ganzen Verwicklungen und entstehenden Probleme logisch zu halten, erweist sich oft als sehr schwierig. Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson ("Brick") hält den Zuschauer jedoch bei der Stange. Der ein oder andere Twist ist unerwartet, manches ist aber auch vorhersehbar, wenn man sich ein bisschen in der Science Fiction auskennt. Das ist jedoch gar nicht schlimm, denn "Looper" bleibt dennoch spannend und interessant. Die Welt der Zukunft ähnelt unserer in vielen Aspekten, bietet logische Weiterentwicklungen und mutet höchstens dann seltsam an, wenn das Element der Telekinese angesprochen wird. Dem Zeitreise-Plot konnte man ganz gut folgen und er erscheint mir auch soweit logisch. Möglich, dass das ganze Konstrukt nicht mehr standhält, wenn man sich richtig tiefgreifend damit beschäftigt, aber ich habe den Film nicht zur philosophischen Betrachtung geschaut. ;) 

Die Schauspieler zeigen gute bis sehr gute Leistungen. Joseph Gordon-Levitt ist großartig als junger Joe und wurde mit entsprechendem Make Up und Prothesen so verändert, dass er Bruce Willis auch wirklich ähnlich sieht. Hat mich manchmal etwas verwirrt, da Gordon-Levitt so nun mal nicht aussieht, aber es verhinderte das spätere Aufschreien von "Bruce Willis sieht doch ganz anders aus!". Vom Schauspiel her gibt es bei ihm absolut nichts auszusetzen: Er verleiht Joe Tiefe und macht den Charakter glaubwürdig. Bruce Willis ist dagegen doch eher der stereotype wortkarge Rächer, den er so gerne spielt, aber das kann er ja immerhin ziemlich gut. Emily Blunt zeigt eine tolle Leistung als alleinerziehende Mutter Sara. Wie so viele der Charaktere hat auch sie echte Tiefe und so einige Fehler, und Blunt wird dem gerecht. Pierce Gagnon, der ihren Sohn Cid spielt, ist zum Glück kein nervig-zuckriges Kind, sondern eher ein klein wenig unheimlich und spielt überzeugend. 

"Looper" ist ein gelungener Science Fiction-Film, der die Zeitreise-Prämisse gut verwendet und v. a. auf vernünftige Charakterzeichnung setzt. Der Mittelteil hält sich mit Actionszenen eher zurück, aber wenn es welche gibt, sind die gut und spannend inszeniert. Erfreuliche Überraschung in diesem Kinojahr! 



 Cabin in the Woods
Ich bin kein großer Horrorfilmgucker und kann mir diese Art Film eigentlich nur anschauen, wenn auch eine gehörige Portion Humor vorhanden ist, wie z. B. "Zombieland" und "Scream 4". Also zögerte ich wie immer - Joss Whedon als Produzent/Drehbuchautor klang sehr gut, lustig sollte das Ganze auch sein, aber wie blutig? Mein Nachbarblogger überzeugte mich dann, dass sich der Film definitiv lohnt, also wurde eine Horrorfilm-affine Freundin mobilisiert und wir fanden uns im Kino wieder - im komplett leeren Saal. Auch mal interessant und hatte was von Privatvorstellung. Immerhin brauchten wir uns so in unseren Reaktionen nicht zurückhalten.

"Cabin in the Woods" beginnt doch recht untypisch mit zwei Männern in einem Bürokomplex, die über scheinbar belangloses Zeug in der Kaffeepause reden. Schnitt und wir treffen unsere fünf Protagonisten in der Reisevorbereitung für einen Wochenendtrip zu einer einsamen Waldhütte. Auf dem Weg werden sie genregerecht von einem fragwürdigen Tankwart vorgewarnt und erinnern auch sonst an die typischen Charaktere aus Horrorfilmen: Ein Sportler und seine erblondete Cheerleader-Freundin, ein nettes Mädchen von nebenan, ein kluge Kopf und ein Kiffer. Das Wochenende fängt auch vielversprechend an, bis sie in den Keller gehen. Ab dort nimmt der Spaßfaktor für die fünf rapide ab, für den Zuschauer aber eher zu.

Wer einen geradlinigen Horrorschocker in "Evil Dead"- oder gar "The Hills Have Eyes"-Manier erwartet, wird hier enttäuscht. Sooo viel Blut spritzt nicht (zumindest in der erste Stunde) und geübte Horrorfans könnten sich langweilen. Und deshalb ist es so wichtig, sich vorher doch zumindest etwas über den Film zu informieren, denn Whedon und Regiseur/Drehbuchautor Drew Goddard hatten eher einen sarkastischen Meta-Kommentar auf das Horrorgenre und seine Konventionen im Sinn, und eben keinen Durchschnittshorrorfilm. Und in diesem Sinne funktioniert "Cabin in the Woods" auch ausgesprochen gut und hat die Lacher auf seiner Seite. Der Showdown ist dann komplett abgedreht und hat ein paar nette Gimmicks zu bieten. Schauspieltechnisch gibt's auch nichts zu meckern - "Thor" Chris Hemsworth ist der Sportler, Richard Jenkisn spielt einen der freundlichen Herren aus dem Büro und es finden sich auch alte Joss Whedon-Bekannte wie Amy Acker und Fran Kranz, die beide in "Dollhouse" spielten.

Zusammengefasst ist "Cabin in the Woods" einfach gute Horrorsatire und super Unterhaltung, wenn man bereit ist sich darauf einzulassen. Möglich jedoch, dass der Film gelegentliche Horror-Gucker eher anspricht als die Hardcorefans.



Schutzengel
Til Schweigers neuester Film, in dem er wie meistens Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion ist, geht weg von seinem bisherigen Wohlfühlgenre der romantischen Komödie hin zu mehr Action und Spannung. Erzählt wird die Geschichte von Nina (Luna Schweiger), die Zeugin eines Mordes des bekannten Waffenhändler Backer (Heiner Lauterbach) wird. Um sie bis zum Prozess zu schützen, kommt sie ins Zeugenschutzprogramm und untersteht ab sofort Max' (Til Schweiger) Obhut. Jedoch gibt es eine Sicherheitslücke und Nina und Max können nur knapp einem Anschlag entkommen. Max als ehemaliger KSK-Soldat hat nun das Ziel, das Mädchen zu beschützen und stellt sich damit gegen den Willen der Polizei. Ab sofort werden sie also nicht nur von Backers Schergen, sondern von den eigenen Leuten gejagt.

Dieser Film hat mich verärgert. Warum? Weil er so viel besser hätte sein können! Schweiger versteht es die Actionszenen richtig gut zu inszenieren: Sie sehen klasse aus, sind gut geschnitten und klingen großartig. Das hat absolut internationales Niveau. Generell sehen Schweigers Filme sowieso immer deutlich besser aus als der deutsche Durchschnittsfilm, und "Schutzengel" bildet da keine Ausnahme. Die meisten der Darsteller sind auch gut gewählt, v. a. Moritz Bleibtreu als Max' Freund und ehemaliger Kollege Rudi bleibt im Gedächtnis. Luna Schweiger macht ihre Sache ganz gut - dass ich Nina nicht besonders mag liegt nicht an ihr, sondern daran, wie der Charakter geschrieben ist. Heiner Lauterbach ist mir zu generisch böse, und manch ein Nebendarsteller hätte sicherlich mehr zeigen können.

Was mich jedoch wirklich verärgert hat waren einerseits das Pacing und andererseits so viele vorhersehbare und/oder unrealistische Elemente. Zunächst zum Pacing: Dass die Dialoge nicht grad einen Preis für Originalität gewinnen werden, ist ja völlig in Ordnung, und ich akzeptiere auch die ein oder andere Expositions-Szene zu Beginn. Aber wenn das letzte Drittel aus gefühlt einer Stunde repetativem Dialog besteht, der vermutlich dramatisch-gefühlvoll sein soll, mich aber einfach nur aufgrund der Offensichtlichkeit nervt - dann hätte man schneiden sollen. Oder das Drehbuch nochmal dahingehend überarbeiten. Denn in diesen Momentem kommt der komplette Film zum Stillstand. Und der andere Punkt: Abgesehen vom vollkommen unwahrscheinlichen Showdown und sehr kitschigem Ende (das man schon von sehr sehr weit entfernt kommen sieht), gab es auch schon vorher immer wieder Momente, die vermutlich Spannung erzeugen sollten, aber mittlerweile schon so ausgelutscht sind, dass sie dem Zuschauer nur ein Gähnen entlocken können. Dazu gehören die Rolle von Leo (Axel Stein), der gesamte Hintergrund von Waise Nina, Max Verbindung zu Ninas Anwältin… Nichts davon hat überrascht. Und spätestens nach dem Angriff auf Rudis Haus nimmt die Unlogik doch überhand. Das alles sind einfach Sachen, die nicht hätten sein müssen.

Vielleicht bin ich auch zu pingelig, denn an sich ist "Schutzengel" durchaus unterhaltsam. Allein für die Actionszenen lohnt sich der Kinobesuch. Aber man muss sich auf teils langatmige Dialoge und viele Klischees einstellen. Und das ärgert mich. Denn ich weiß, dass Schweiger es besser könnte.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Urlaubsbericht London 2012


Jetzt bin ich also schon wieder einige Zeit aus London zurück und ich kann sagen, dass die Stadt mich immer noch genauso fasziniert und begeistert wie beim ersten Mal. Meine zwei Freundinnen und ich hatten auch dieses Mal wieder richtig Glück mit dem Wetter - am ersten Tag, einem Sonntag, war es richtig sommerlich warm, und an den folgenden Tagen waren das Schlimmste ein paar vereinzelte Tropfen aus den Wolken der nahenden Apokalypse (London neigt dazu, uns jedes Mal die schönsten Weltuntergangswolken zu bieten, ohne was daraus zu machen). Wir haben wieder viel gesehen, sind nach wie vor absolut unfähig beim Shoppen etwas zu finden, und fielen jeden Abend absolut todmüde in unsere Betten. Städteurlaub eben. *g*

Tag 1 - Sonntag (Umgebung und Museen)
Unser Flug ging morgens um 8 Uhr, was ja eine halbwegs humane Zeit ist.  Da wir allerdings ein gutes Stück bis zum Flughafen fahren mussten, waren wir trotzdem um 4 Uhr wach. Grausam. Der Flug war uninteressant und wir landeten pünktlich um kurz nach 8 Uhr auf dem Flughafen London Heathrow. Über Heathrow hat man ja schon so allerhand gehört und er ist auch wirklich... groß, aber wir haben uns gut zurechtgefunden und wurden am Ausgang nach der Gepäckausgabe gleich von netten Flughafenangestellten angesprochen, die uns Stadtpläne usw. in die Hand drückten und auch Fragen beantworteten. Nicht dass wir wirklich welche gehabt hätten - die Tube versteckte sich nicht grade, und so kauften wir unsere Oystercards (unerlässlich für eine einfache Nutzung des Londoner Verkehrssystems) und machten uns auf Richtung Earl's Court und von dort mit der District Line nach Bayswater. Unser Hotel war das Best Western Phoenix und nur ein paar 100 m von der Tube-Station entfernt. Unser Zimmer war morgens um ca. 10 Uhr natürlich noch nicht fertig, aber wir konnten unsere Koffer zurücklassen und machten uns daran, die Gegend zu erkunden. Die angrenzende Hauptstraße Queensway besteht im Grunde aus Souvenirläden, Restaurants jeglicher Art, ein paar Supermärkten und weiteren Restaurants und Souvenirläden. *g* Eine Post gibt's aber auch und die Mitarbeiter waren freundlich.

Wir wanderten bis zu den Kensington Gardens, wo wir uns erstmal auf den Rasen setzten und uns ausruhten. Außerdem planten wir mal flott den restlichen Tagesablauf und starrten die seltsamen Bäume im Park an.
Vom Park machten wir uns auf zur Portobello Road in Notting Hill, um den berühmten Portobello Market zu besuchen. Es war zum Glück nicht zu überlaufen und es gab einige interessante Stände und Läden mit Kleidung und Schmuck - allerdings war uns fast alles zu teuer. War interessant, aber der Markt hat mich jetzt nicht unbedingt umgehauen. Wir gingen zurück zum Hotel und bezogen unser Dreibettzimmer. Das BW Phoenix ist in einem älteren Gebäudekomplex untergebracht und hat entsprechenden Charme. Zimmer und Bad waren sauber und hatten eine ordentliche Größe, nur der Kleiderschrank reichte wirklich nicht für drei Personen. *g* Das Frühstück bot übrigens gute Auswahl und ich würde das Hotel durchaus wieder buchen.  Wir waren zufrieden.

Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, besuchten wir zwei Museen: Das Natural History Museum und das Victoria & Albert Museum. Im Natural History Museum schauten wir uns aus Zeitmangel nur die Dinosaurier-Abteilung an, diese war aber sehr interessant, schon allein, um einmal eine Vorstellung dieser Größenverhältnisse zu bekommen.
Direkt nebenan liegt das V & A, welches v. a. für seine umfangreiche Sammlung an Skulpturen, Plastiken, Keramik, Einrichtung und Kleidung bekannt ist. Das Gebäude an sich ist von innen auch sehr beeindruckend und wir verbrachten einige Zeit damit, durch die Gänge zu stromern. Es folgen ein paar  Beispiele der Skulpturen und Kleider - die Skulptur zeigt Samson, wie er einen Philistiner tötet. Es gab einige Statuen von Samson, die ihn dabei zeigen, wie er Philistiner tötet. Das scheint sein liebster Zeitvertreib gewesen zu sein. 
Die Kleidungsstücke zeigen v. a. Kleider für die Dame von Welt und veranschaulichen dabei sehr gut, wie sich der Kleidungsstil über die Jahrhunderte gewandelt hat - von den ausladenden und unglaublich unpraktischen Roben des Barock bis zum modernen eleganten Abendkleid.
Vom V &A sind wir dann noch zu Harrod's, denn eigentlich muss jeder Tourist dieses riesige Kaufhaus zumindest einmal gesehen haben. Und nun ja - einmal reicht mir auch vollkommen. *g* Natürlich ist das alles beeindruckend anzusehen und die ganzen Markenartikeln kann ich mir sowieso nicht leisten, aber mir persönlich war das einfach zu viel Glanz und Glorie. Die Lebensmittelabteilung hat ein paar sehr schöne Sachen, aber natürlich muss man sich auch dort auf ordentliche Preise einstellen. 
Tja, jetzt hab ich das ganze mal gesehen und das reicht für dieses Leben. *g*

Mittlerweile waren es auch schon 7 Uhr abends und so machten wir uns auf zurück zum Hotel. Zu Abend gegessen haben wir in einem der Bella Italias auf dem Queensway - dabei handelt es sich um eine große italienische Restaurantkette mit annehmbaren Preisen und ordentlichem Essen. Der Service war auch sehr freundlich.


Tag 2 - Montag (Kew Gardens und Hampton Court Palace)
An dem Tag, an dem sich die Siegerparade der britischen Olympiateilnehmer von The Strand auf zum Buckingham Palace machte, zog es uns raus aus der Stadt - wir wollten die Kew Gardens und Hampton Court Palace besuchen.Wetter: trocken, aber kühl und ziemlich windig. *grummel* Unser erstes Ziel hieß Kew Gardens, da man mit der District Line Richtung Richmond gleich eine Tube-Station dafür hat. Umsteigen mussten wir mal wieder am Earl's Court und es verblüfft mich jedes Mal aufs Neue, dass dieser doch recht große Knotenpunkt auf den District Line Bahnsteigen keine digitale Anzeigetafel hat, sondern dieses schicke Teil, auf dem Pfeile aufleuchten, wenn die nächste Bahn einfährt:
Ernsthaft. Man steht also um diese tolle Anzeige geschart und starrt sie an, immer darauf hoffend, das die benötigte Bahn die nächste ist. Ist sie natürlich nicht. Und man hat auch keine Ahnung, wie lange man denn nun da rumstehen muss. Und das am Earl's Court! Jede noch so mickrige Tube-Station, an der wir aus-/umsteigen mussten, hatte eine halbwegs brauchbare digitale Anzeigetafel, aber Earl's Court hat sowas nicht nötig. So ist's ja auch viel lustiger! Juchee!

Nun, wir mussten dann nur drei Bahnen oder so warten, bis tatsächlich mal eine nach Richmond fuhr. In Kew angekommen, nahmen wir die Unterführung und folgten dann brav den Schildern zu den botanischen Gärten. Und hach, was sind die Kew Gardens schön! Wir haben gleich mal mit dem Palmenhaus angefangen und wurden sofort von der tropischen Luft erschlagen. *g* Aber sehr faszinierend und auch sehr zugewuchert:
Vom Palmenhaus aus wanderten wir zum Steingarten, ganz wunderbar angelegt! In der Nähe gibt es auch das Davies Alpine House, welches erst 2006 erbaut wurde und dabei auch etwas ist, worauf man recht stolz sein kann. Alpine Bedingungen sind nämlich nur extrem schwierig nachzustellen und die Luft in diesem sehr stylisch aussehenden Gewächshaus war großartig. Ich müsste echt nochmal in die Berge fahren...
Nach dem Alpenhaus gingen wir ins nahegelegene Princess of Wales Conservatory. In diesem werden verschiedene Klimazonen Tür an Tür gezeigt - es war schon interessant von der tropischen Zone in die Wüstenzone zu gehen, v. a. auch die ganzen unterschiedlichen Kakteen zu betrachten. Außerdem gab es fleischfressende Pflanzen. :)

Danach gingen wir wieder in Richtung des Palmenhauses, um das daneben liegende Wasserlilienhaus zu besuchen. Es ist vergleichweise klein, aber auch herrlich zugewuchert mit allen möglichen Kletterpflanzen (z. B. gleich im Eingangsbereich Kürbisse und Chili, später dann auch Passionsblumen) und die Seerosen sind einfach schön anszusehen.
Vom Wasserlilienhaus aus folgten wir der Pagoda Vista (dabei kamen wir auch durch den Rosengarten, der im September natürlich leider nicht mehr viel zu bieten hat), einem breiten Grasweg, der direkt auf die chinesische Pagode zuführt. Bis dort sind wir aber nicht gegangen, sondern sind sozusagen vorher abgebogen und haben uns auf den neuen Xstrata Treetop Walk begeben. In ca. 16 m Höhe wurde ein Gang in den Baumkronen angelegt, und man sieht das Ganze einmal aus der Vogelperspekteive. Nicht unbedingt etwas für Leute mit Höhenangst, da der Boden aus Eisenplatten mit kleinen Löchern drin  besteht und bei Wind (wie bei unserem Besuch) die ganze Konstruktion auch ein wenig wackelt. *g* Von dort oben hatte man aber einen schönen Blick auf das Temperate House. Dieses wurde 1863 zum ersten Mal eröffnet und ist noch immer ein beeindruckendes Bauwerk. David Nash hatte während unseres Besuchs eine Ausstellung mit Skulpturen und davon fanden sich einige im Temperate House.

Schließlich gingen wir noch kurz ins Evolution House, das recht nett erklärt, wie das denn damals mit den Pflanzen so angefangen hat auf der Erde. Und dann hatten wir auch schon 14 Uhr, und da wir noch nach Hampton Court wollten, haben wir die Kew Gardens hinter uns gelassen. Sie sind aber auf jeden Fall einen Besuch wert, sicherlich ganz besonders im Frühling, wenn die ganzen Blumengärten sich von ihrer besten Seite präsentieren können.

Wir nahmen die Tube bis nach Richmond und stiegen dort in den Bus R68, der uns sozusagen direkt vor den Haupteingang des Hampton Court Palace brachte. So sieht das Ganze aus, wenn man durch das erste Tor kommt:
Durch die Gärten kann man auch ohne  Ticket laufen, aber wir wollten natürlich auch den Palast sehen, und das Labyrinth ausprobieren. Der Palast war früher Hauptsitz von Kardinal Wolsey, einem engen Vertrauten von König Henry VIII. Nachdem Wolsey jedoch in Ungnade gefallen war (passiert bei dem guten Henry ja recht schnell), hielt sich Henry selbst öfter im Palast auf, zu dem Zeitpunkt wohl auch noch mit seiner zweiten Ehefrau Anne Boleyn. Dementsprechend beziehen sich auch viele Ausstellungen im Palast auf Henry VIII. oder die Tudors im Allgemeinen. 

Es ist ein wirklich beeindruckend großes Gebäude und wir besichtigten die Zimmer des jungen Henry (in denen sein Leben in informativen Texten dargestellt wird) und die Gemäldeausstellung "The Wild, the Beautiful, and the Damned". Dabei handelt es sich um eine Sonderausstellung mit Gemälden der Mätressen von Charles II. (und meine Güte, hatte der viele) und Informationen dazu, was es damals bedeutete, Mätresse am Hof des Königs zu sein (einerseits vom König mit Juwelen überschüttet, andererseits von anderen als Hure verachtete, und in steter Angst, dass der König seine Gunst entzieht).

Außerdem schauten wir uns den großen Speisesaal sowie die dahinterliegenden Privatgemächer des Königs an. Im Speisesaal sind die Wände mit riesigen Wandteppichen behängt und es lagen Decken auf den Tischen, die darüber informierten, wie zu Henrys Zeiten so ein Bankett abgelaufen ist. Was da aufgetischt wurde... dazu kann man sich im separaten Gebäude auch die Küchen anschauen, so wie sie zu eben jener Zeit ausgesehen haben. Was das eine Arbeit gewesen sein muss...

Auch sehr schön ist die Gartenanlage zur Rückseite des Palastes, selbst wenn leider der große Springbrunnen aufgrund eines offensichtlichen Algenproblems stillgelegt war. *g* Das Foto unten zeigt den... tja, großen See würde ich sagen. Gehört alles noch zum Palast - rechts liegt irgendwo u. a. ein Golfplatz, links ist Waldgebiet, irgendwo musste der König ja jagen gehen.
Hampton Court Palace ist die etwas längere Fahrt auf jeden Fall wert. Sehr beeindruckendes Bauwerk und man kann dazu tatsächlich mal durch ein richtig schönes Labyrinth laufen. Wir brauchten nur ca. 10 min, der Durchschnitt liegt wohl bei 20 min. Haha!
Zurück in die Innenstadt sind wir mit dem Zug gefahren; bis Waterloo braucht die Bahn etwas über 30 min, dafür muss man aber auch nicht umsteigen oder so und man kann mit der Oyster Card bezahlen.

Abends gingen wir in den Phoenix Pub bei uns um die Ecke (Moscow Road). Das Essen war nicht allzu teuer und war auch ganz gut soweit. Nur bestellt Erbsen ab, falls sie euch danach fragen! Ich bin ja wahrlich kein Gourmet, aber die schmeckten nach... nichts. Wirklich, nach nichts.  Waschechte Tiefkühlerbsen, mit denen man nichts weiter gemacht hat als sie aufzuwärmen. Oder Mutproben, wer von uns mehr davon essen kann...


Tag 3 - Dienstag (Shoppen und Musical)
Unser - wie jedes mal zum Scheitern verurteilter - Versuch shoppen zu gehen.Wir begannen jedoch mit dem Leicester Square und der TKTS Box, um Tickets für "Sweeney Todd" zu ergattern. Das näherte sich nämlich hart dem Ende seiner Laufzeit und wir wollten uns die Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen, Sondheims mittlerweile wohl bekanntestes Musical (auch Dank des gelungenen Films mit Johnny Depp) auf der Bühne zu erleben. Und dann noch mit so einer Cast! Michael Ball, einer der Musicalstars des West End, als Sweeney, und Imelda Staunton (aus der britischen Film- und Theaterlandschaft nicht wegzudenken und hierzulande sicher am ehesten als pinkgekleidete Prof. Umbridge aus den "Harry Potter"-Filmen bekannt) als Mrs. Lovett! Wir entschieden uns für die günstigeren Tickets für 29,- GBP und bekamen dafür Plätze auf dem oberen Rang - freie Sicht auf die Bühne, nur eben weiter oben.

Danach statteten wir Covent Garden einen Besuch ab, deckten uns bei Thorntons mit Toffees und Schokolade ein, und im Tea Palace mit - Tee, welch Überraschung! Außerdem mussten meine Freundinnen dringend originale Cupcakes kaufen. Die sahen aber auch wirklich gut aus (und waren ausnahmsweise mal nicht regenbogenbunt). Von Covent Garden aus machten wir uns auf zu den Seven Dials, einem kleinen Platz in Soho, der für seine teilweise ausgefallenen Shops und Designerstücke bekannt ist. Die Preise waren leider auch entsprechend.

Danach gingen wir die Charing Cross Road hinunter, v. a. da ich händeringend nach einem Buchladen suchte, um mir endlich Pratchetts/Gaimans "Good Omens" zu kaufen. Tja, und Charing Cross Rd. ist schließlich die Büchermeile schlechthin. So wurde ich dann auch glücklicherweise recht schnell fündig. Und dann landeten wir auf der Oxford Street. Diese Straße gilt ja als ein wahres Shoppingparadies, aber ich kann ihr einfach nichts abgewinnen. Ihr fehlt jeglicher Charme, sie ist immer absolut überfüllt und die Läden varieren von Marks & Spencer über Top Shop zu H & M und Esprit usw. Also wirklich nichts, was man nicht auch sonst überall findet. Nach wie vor war unser Shoppen nicht von Erfolg gekrönt worden (bis darauf, dass ich mein Buch gefunden hatte). Wir gingen die Regents Street hinunter und landeten irgendwann am Picadilly Circus, wo wir eine kurze Pause einlegten und jetzt wahrscheinlich auf diversen Touristenfotos zu sehen sind. *g* Wir kauften ein paar typische Touristensouvenirs (für zu Hause) im angrenzenden riesigen Souvenirshop und endeten wieder am Leicester Square. Wäre dieser Platz doch nur hübscher anzusehen...

Mittlerweile waren es auch um die 5 Uhr und wir wollten natürlich rechtzeitig am Adelphi Theatre sein, also machten wir uns langsam auf Richtung The Strand. Wir schauten auf dem Weg kurz in der National Portrait Gallery rein, die einige großartige moderne Werke ausgestellt hatte (es war wohl gerade ein Wettbewerb gelaufen). Manches war absolut fotorealistisch, sehr beeindruckend.
Gegenüber des Adelphi fanden wir ein Bella Italia, und da wir die Kette ja schon kannten, haben wir dort zu Abend gegessen. Und danach ging's ins Musical.

"Sweeney Todd" ist einfach ein fantastisches Musical. Die Produktion war sehr gut, das Bühnenbild sehr funktional und schnell wandelbar und der Sound ebenfalls in Ordnung. Es war sehr interessant, die im Film fehlenden Stücke zu sehen (z. B. "Kiss me", das Duett zwischen Johanna und Anthony), und auch die Vertiefung der Nebencharaktere zu erleben. V. a. Richter Turpins unglaublich mieser Charakter wird im Film eher angedeutet, während es im Stück zwei doch sehr verstörende Szenen gab (großartig gespielt von John Bowe), die seine ganzen Abgründe offenlegen. Michael Ball ist ein überzeugender Sweeney und spielt im Grunde absolut gegen seine üblichen Rollen an (Ball ist sonst eher der nette oder romantische Held). Er lobte uns am Ende beim Schlussapplaus auch sehr nett mit seinem "Ihr seid das beste Publikum, das wir diesen Abend hatten!" *g* Imelda Staunton stiehlt ihm jedoch ein wenig die Show, was sicherlich auch an der Rolle der Mrs Lovett liegt - sie hat einige lustige Momente schon in den Liedern, und Staunton trieb vieles davon richtig auf die Spitze. Auch ihre Verliebtheit zu Todd kam sehr gut rüber und ihre Zerrissenheit gegenüber Toby, für den sie zwar Muttergefühle entwickelt, den sie aber dennoch fallen lässt, als er ihren Plänen im Weg steht. Einfach toll!

Nach dem Musical gingen wir noch zur Jubilee Bridge und versuchten uns an Nachtaufnahmen Londons. Nun ja. So um 11 Uhr waren wir dann auch tatsächlich wieder im Hotel. *g*


Tag 4 - Mittwoch (Southbank Walk) 

Unser letzter wirklicher Urlaubstag bestand v. a. aus Rumlaufen. Ganz viel Rumlaufen. Wir starteten an den Houses of Parliament und Big Ben, die wirklich sehr beeindruckend sind. Die Fassade ist fantastisch und lässt sich sehr gut zusammenfassen mit, "Da hatte jemand damals wohl unglaublich viel Zeit". *g* Wir überquerten die Themse auf der Lambeth Bridge, von der aus man einen schönen Blick auf den gesamten Komplex hat (s. Eröffnungsfoto dieses Posts).
Dann folgten wir der Themse auf der Southbank entlang, kamen am National Theatre und dem OXO Tower vorbei, bis wir schließlich bei der Tate Modern landeten. Ich bin  ja nicht so wirklich jemand, der moderne Kunst zu schätzen weiß, denn ganz ehrlich: Einen Spiegel auf eine Leinwand kleben kann ich auch. Aber leider habe ich es nicht gemacht, und wenn hätte es sicherlich niemand für Kunst gehalten. *g*  Vom Restaurant im 4. Stock hat man einen schönen Blick auf die Millenium Bridge und St. Paul's. Jedenfalls hatte die Tate Modern natürlich auch einige sehr interessante Stücke zu bieten, z. B. Twombly's Rote-Farbe-Massaker (ich nenne es nur so, weil er sich auf drei riesigen Leinwänden mit roter Farbe ausgetobt hat) oder Installationen von Nauman oder Beuys:

Wir hielten uns einige Zeit dort auf, auch weil es immer wieder Sitzgelegenheiten gab. Danach liefen wir weiter Richtung Tower Bridge, wobei wir u. a. an der HMS Belfast vorbeikamen. Nahe der Tower Bridge bieten sich dem geneigten Touristen sehr gute Fotomöglichkeiten auf den Tower (und auf The Gherkin mehr oder weniger direkt daneben. Das Ding schiebt sich auch ständig ins Bild und irgendwie mag ich es mittlerweile sogar richtig gern.) Die Tower Bridge an sich ist natürlich auch sehr beeindruckend und von ihr aus konnte man gut Fotos der City machen, mit der City Hall und The Shard (kontrovers diskutiert, dieses Gebäude…).
Wir liefen am Tower vorbei und machten uns auf zum Leadenhall Market. Dieser war ja zumindest in Teilen als Winkelgasse in den "Harry Potter"-Filmen vertreten. Die Halle ist auch sehr schön von der Konstruktion her, allerdings sind die Läden preislich im oberen Bereich angesiedelt, und besonders groß ist die Halle leider auch nicht. Sie versprüht aber einen gewissen "Alte Welt"-Charme, umgeben von eher eintönigen Betonklötzen.

Mittlerweile wahr es auch schon Nachmittag und wir machten eine kurze Pause in einem angrenzenden Starbuck's. Danach nahmen wir die Tube hoch zur North Gower Street, denn ich wollte doch einmal, wie es sich für einen "Sherlock"-Fan gehört, Speedy's einen Besuch abstatten. Leider hatten die nachmittags natürlich nicht mehr auf, aber immerhin ist mir jetzt verständlich, warum man sich für diese Straße statt für die echte Baker Street entschied: Hier ist einfach viel weniger los, und die Häuser sehen sehr ähnlich aus.

Wir liefen gen Westen Richtung Regent's Park, in dem wir uns dann auch wieder etwas ausruhten. Man merkt es schon, wenn man den ganzen Tag nur gelaufen ist. *g* Kaum saßen wir, wurden wir auch schon von einem sehr dreisten Eichhörnchen belagert. Letztes Mal passierte uns das auch schon, und jetzt haben wir auch erst bemerkt, warum: Die Eichhörnchen reagieren auf Reiß- oder Klettverschlussgeräusche. Als ich beim Weggehen meine Kamera einpacken wollte und den Reißverschluss öffnete, rannte eines der Eichhörnchen direkt auf mich zu und hielt 30 cm entfernt von mir und starrte mich an. Mit etwas Essbarem in der Hand hätte es mich wahrscheinlich angesprungen. *g*
An diesem Abend gingen wir nur wieder kurz in den Pub um die Ecke, wir waren einfach zu tot. Danach hieß es dann schon mal etwas Koffer packen und am nächsten Tag sind wir dann mit reichlich Zeit und ganz gelassen nach Heathrow aufgebrochen. Wir waren so überraschend früh, dass am Check In überhaupt nichts los war... naja so hatten wir Zeit, uns die ganzen Läden anzuschauen.

Tja, und das wär's dann. London war wieder richtig klasse, wenn auch schon beim Mal davor sehr anstregend. Aber so ist das eben, wenn man möglichst viel sehen möchte. Nun hab ich allerdings das Gefühl, alles Wichtige gesehen zu haben - dennoch zieht mich die stadt immer noch an. Beim nächsten Mal kann ich es aber auf jeden Fall ruhiger angehen lassen, oder ich besuche mal die Südküste, oder die Cotswolds, oder Orte in Schottland... Wer weiß. :)

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Mittwoch, 22. August 2012

Kurzkritiken passend zum Wetter: Heiße Männer x 2 mit (manchmal) wenig an

The Rum Diary
Verzeiht mir den dämlichen Spruch, der plötzliche Sommer schmilzt mir langsam aber sicher das Hirn weg und so konnte ich einfach nicht widerstehen. Was gibt es also Besseres, als sich bei diesen Temperaturen ins klimatisierte Kino zu flüchten (außer vielleicht am Badesee zu liegen, aber die sind ja alle überfüllt), und angenehm abgekühlt die sonnigen Orte auf dr Leinwand auf sich wirken zu lassen?

So bin ich Johnny Depp in "The Rum Diary" ins Puerto Rico der 60er gefolgt. Dort säuft er sich als Journalist Paul Kemp durch die Minibars, verliebt sich in die verführerische Chenault (Amber Heard), die jedoch bereits an den reichen Geschäftsmann Sanderson (Aaron Eckhart) vergeben ist, und geht ganz selten sogar seinem Job nach. Aber Puerto Rico bietet so viele Ablenkungen (und so viel hochprozentigen Rum), dass er immer wieder von seinen guten Vorsätzen abrückt - und seine Kollegen, der resignierte Sala (Michael Rispoli) und der ständig betrunkene  Moberg (Giovanni Ribisi), sind nun wirklich keine Hilfe.

Bruce Robinsons Film basiert auf einem Roman von Hunter S. Thompson (möglicherweise mit auobiografischen Zügen, bei Thompson wusste man das ja nie so genau), und in Kombination mit Depps Beteiligung war man geneigt, ein zweites, hoffentlich ebenso kultiges, "Fear and Loathingin Las Vegas" zu erwarten. Tja, daraus ist jedoch leider nix geworden. Der Film hat eine recht bewegte Geschichte hinter sich und wurde bereits vor ein paar Jahren abgedreht, dann fand sich aber kein Verleih, weshalb er erst so spät in die deutschen Kinos fand. Bei der ganzen Zeit hätte man ruhig nochmal über den Film drübergucken und ein paar Szenen schneiden können, denn die Geschichte fließt doch eher zäh vor sich hin. Passieren tut ja eh nicht viel, und so müssen die Charaktere den Zuschauer bei der Stange halten. Nur ist Kemp eben leider längst nicht so skurril wie Raoul Duke aus "Fear & Loathing", und auch die anderen Charaktere geben nicht allzu viel her. Dass Depp gut einen Betrunkenen spielen kann, wissen wir alle spätestens seit "Fluch der Karibik", nur scheint sein Paul Kemp aus nicht viel mehr zu bestehen, und auch die Chemie mit Amber Heard als Love Interest ist nicht gerade prickelnd. Einzig Aaron Eckhardt als fieser Möpp war wirklich überzeugend, wenn auch nicht überaus effektiv als Bösewicht.

Robinson schwelgt in schönen Bildern, die einem nur leider viel zu oft überhaupt nichts sagen (ich kann nur eine begerenzte Anzahl an schönen Landschaftsaufnahmen ertragen, v. a. wenn der Film mich ansonsten auch nicht richtig packt), und auch der Humor kommt viel zu kurz. Wirklich im Gedächtnis bleiben zwei kurze, aber verrückte Autoverfolgungsjagden, und auch noch der Anfang mit Kemps Vorstellungsgespräch. Zu wenig, wenn ansonsten die Spannung auch nicht gehalten werden kann.

Hier wäre mehr drin gewesen. Die Story plätschert so vor sich hin, und für zwei Stunden Laufzeit halten all die schönen Menschen die Aufmerksamkeit des Zuschauers nur mit Mühe. Beim nächsten Thompson-Roman führt dann bitte wieder Terry Gilliam die Regie, ja?

(Kleine Notiz am Rande: Nicht wundern, dieses Mal ist wieder Marcus Off Depps Synchronsprecher, weil... öhm, jaaa.. einfach so anscheinend. *g*)



Magic Mike

Mike (Channing Tatum) hat einen Traum: Er möchte eigens von ihm entworfene Möbel verkaufen, und er ist auch kreativ genug, um interessante Stücke zu zimmern. Um Geld zu verdienen, hat er mehrere Jobs am Start, so arbeitet er bei einem Dachdeckerunternehmen - und ist nachts der Star im Strip Club von Dallas (Matthew McConaughey), dort genannt "Magic Mike". Als er den jungen Adam (Alex Pettyfer) kennenlernt, nimmt er ihn mit in den Club und verschafft ihm einen Platz in der Show. Adams Schwester Brooke (Cody Horn) ist davon überhaupt nicht begeistert, aber Mike verspricht auf ihren Bruder aufzupassen. Nur sind die Versuchungen der Szene doch ziemlich groß und Adam verliert sich bald in Partys, Drogen und Sex, während Mike seinem Traum irgendwie keinen Schritt näher kommt.

Glücklicherweise inszeniert Steven Soderbergh seinen Film nicht als staubtrockenes Drama. Immer wieder streut er etwas Humor ein, und die Hauptcharaktere sind recht gut ausgearbeitet. Mikes Charakter basiert auf Channing Tatums eigener Vergangenheit und erzeigt zum Glück, dass er nicht nur hervorragend tanzen, sondern auch ganz gut schauspielern kann. Brooke hätte leicht zu einer nervigen Zicke mutieren können, die ständig nur ihren Bruder ermahnt, aber stattdessen ist sie offensichtlich skeptisch, aber abwartend und zurückhaltend, und vertraut Mike auch darin ihren Bruder zu schützen. Alex Pettyfer spielt Adam, der bisher nichts auf die Reihe bekommen hat und nun endlich was gefunden hat, worin er gut ist, ebenfalls überzeugend. Matthew McConaughey hatte offensichtlich Spaß als meist halbnackter, in enges Leder gekleideter Dallas, der große Reden schwingt und dazu auf Bongos trommelt ( beide Daumen hoch für diese Selbstironie).

Die Tanzszenen sind toll inszeniert, wobei Tatum ganz klar immer als bester Tänzer heraussticht. Aber auch die anderen Tänzer machen was her, v. a. Matt Bomer (bekannt aus "White Collar") als Schönling Ken oder Joe Manganiello als Big Dick Richie. Ein paar Längen hat "Magic Mike" schon (v. a. in einer etwas ausgedehnten Sonnenbad-Szene auf einer Düne), aber dennoch verging die Zeit hier gefühlt deutlich schneller als in "The Rum Diary".

Mädels, lasst eure Männer zu Hause, wenn sie eh nur rumnörgeln (wie in der von mir besuchten Vorstellung - da kam wohl einer mit der geballten Männlichkeit auf der Leinwand nicht klar), schnappt euch eure Freundinnen und habt eine schöne Zeit mit Magic Mike & Co.





Sonntag, 12. August 2012

Rundumschlag an Kurzkritiken, denn ich habe tatsächlich in letzter Zeit Filme gesehen

Merida - Legende der Higlands
Die Geschichte der schottischen Prinzessin Merida ist Pixars erster Versuch einer weiblichen Hauptfigur - und dazu handelt es sich auch noch um eine Prinzessin, eine Thematik, in der Disney durch langjährige Erfahrung nach wie vor den Ton angibt. Schön ist, dass Pixar seine erste Prinzessin aber ein wenig anders anlegt - hier wird am Ende nicht der holde Prinz geheiratet, da kann es vorher noch so sehr ein Turnier um Meridas Hand gegeben haben. Merida will ihre Freiheit und eckt damit bei ihrer Mutter extrem an, die es lieber sähe, wenn ihre Tochter sich damenhaft - eben wie eine wahre Prinzessin - benehmen würde. Einen Besuch bei einer leicht verwirrten Hexe später und Merida bekommt ihren Wunsch - die Veränderung ihrer Mutter. Nur leider anders, als sie es sich vorgestellt hatte...

Was gleich zu Beginn bei "Merida" auffällt, ist die wunderbare Optik. Die schottische Landschaft wird mit beeindruckenden Kamerafahrten gekonnt in Szene gesetzt und auf technischer Ebene gibt es absolut nichts auszusetzen. Auch Patrick Doyles keltisch anmutender Score passt perfekt und unterstreicht die Stimmung des Films sehr gut.
Nun geht man an einen Pixar-Film jedoch meist mit sehr hohen Erwartungen heran. Mir gefiel Merida, die lieber im Wald Bogenschießen übt als Wandteppiche zu sticken, als Charakter sehr gut und Nora Tschirner spricht sie mit der geforderten Forschheit auch sehr überzeugend. Das tragende Element des Films ist der Mutter-Tochter-Konflikt. Manchmal kam mir diese Entwicklung, v a. nach der Veränderung der Mutter, jedoch etwas gehetzt vor und zwischendurch kippt die eher ernsthafte, von gelegentlichen humorigen Elementen (z. B. Meridas Drillingsbrüder) durchbrochene Stimmung zu sehr ins slapstickhafte.
Dennoch hat mich der Film gut unterhalten wenn er auch nicht an meine Pixar-Lieblinge "Oben", "Ratatouille" und "WALL-E" herankommt.


Drive
"Drive" habe ich damals im Kino aus diversen Gründen ausgespart (schlechter Zeitpunkt, leichte Abschreckung durch die FSK-18 Bewertung) und im Nachhinein ärgert das mich nun doch ein wenig. Die stilisierte Optik des Films  kam im Kino sicherlich noch besser rüber als auf dem heimischen Fernsehbildschirm. Nicolas Winding Refns Arthouse-Film handelt von einem namenlosen Mann (Ryan Gosling), der tagsüber Stuntfahrer beim Film und Autmechaniker ist, nachts jedoch sein Können als Fluchtfahrer für Kriminelle zur Verfügung stellt. Er verliebt sich in seine zurückhaltende Nachbarin (Carey Mulligan), aber als ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen wird und alte "Freunde" auftauchen, um Schulden einzutreiben, wird der Fahrer in eine Situation hineingezogen, die immer weiter eskaliert.

Winding Refn lässt sich sehr viel Zeit beim Aufbau seiner Charaktere und die erste halbe Stunde besteht zum Großteil aus langen Kameraeinstellungen und schweigsamen Charakteren. Beinahe unmerklich dreht er jedoch die Spannungsschraube an und das FSK-18-Label wird mit plötzlichen Gewaltausbrüchen auf jeden Fall gerechtfertigt. Dennoch sind alle, die blutiges Gemetzel sehen wollen, hier definitiv fehl am Platz, da sich diese Momente auf vielleicht vier Szenen beschränken.
Was "Drive" von ähnlichen B-Movies abhebt (denn etwas anderes ist die Handlung eigentlich nicht), ist die intensive Atmosphäre. Eine coole, gleichzeitig unterkühlte Optik, in Erinnerung bleibende Bilder (der Fahrer am Meer *schauder*), ein stylischer 80s Soundtrack, lange Kameraeinstellungen, wenig Dialog, undurchsichtige Charaktere - das alles trägt dazu bei, dass gerade die Atmosphäre des Films besonders im Gedächtnis bleibt.


The Amazing Spider-Man
Der Film, über den alle nach Ankündigung nur mit einem verwirrten Blick nach dem "Warum" frageten. Der letzte Teil von Sam Raimis "Spider-Man"-Trilogie war im Grunde kaum aus den Kinos verschwunden, da wurde auch schon ein Reboot angekündigt. Aber warum sollte man sich als geneigter Zuschauer nun schon wieder anschauen, wie Peter Parker von einer genetisch mutierten Spinne gebissen wird und plötzlich Superkräfte entwickelt? Gut, der Bösewicht ist dieses mal  der Lizard und nicht der Kobold, aber grün ist er auch. Und das hübsche Mädchen an Peters Seite ist nun nicht Mary Jane sondern Gwen Stacey, aber Eye Candy bleibt Eye Candy, oder?

Nun, teil teils. Mir persönlich gefällt dieses Spider-Man Reboot besser als Sam Raimis Version. Zum einen ist Andrew Garfield für mich einfach ein überzeugenderer und weniger weinerlicher Peter. Garfield ist ein bisschen mehr Nerd und bringt die Gefühle von Peter besser rüber, v. a. auch die Wut, die manchmal in ihm brodelt. Seine Romanze mit Gwen (Emma Stone) ist einfach schön anzusehen, auch weil Gwen eben nicht die übliche Maid in Not, sondern durchaus tough und auch mit einer guten Portion Humor ausgestattet ist. Und Rhys Ifans als Dr. Connors ist sympathisch, sodass er einem schon irgendwie leid tut, wenn er auf einmal zur bösen Echse mutiert.
Auf der technischen Ebene macht der Film auch was her, die Musik passt und ist schön heroisch, und die anderen Darsteller sind ebenfalls glaubwürdig.
Natürlich ist die Handlung jetzt nicht besonders neu und es wäre sicherlich sinnvoller gewesen, einfach nur einen kurzen Rückblick zu zeigen, in der Peters Wandlung zu Spider-Man kurz erklärt wird, anstatt sich damit die erste Hälfte des Films aufzuhalten. Und ja, es gibt auch so manche vorhersehbaren (z. B. bezüglich Gwen's Vater, der Polizist ist) oder kitschigen Momente - aber ich habe mich ganz wunderbar unterhalten gefühlt. Dieser neue "Spider-Man" hat auf jeden Fall eine Chance verdient.


Ice Age 4 - Voll verschoben
Mein Heimatkino hat diesem Film entgegen gefiebert, da jeder Teil der "Ice Age"-Reihe ganz einfach ein absolut sicheres Ding ist. Und auch Teil 4 ist es noch immer zu Recht. Dieses Mal löst unser verrückter Eichhörnchen-Ratten-Mix Scrat bei der Jagd nach seiner geliebten, doch so unerreichbare Eichel die kontinentale Verschiebung aus. Dies hat natürlich Auswirkungen auf unsere bunt gemischte Herde rund um Mammut Manni, Faultier Sid und Säbelzahntiger Diego. Sie werden von den anderen, u. a. Mannis Gefährtin Elli und seiner Teenie-Tochter Peaches, mit der er sich kurz vorher gestritten hatte, getrennt und auf einer Eisscholle aufs Meer gespült. Ihr Ziel besteht nun darin, die anderen wiederzufinden und dabei nicht von Sids Oma in den Wahnsinn getrieben zu werden. Unterwegs treffen sie auf eine Piratenbande rund um Captain Utan und einen Haufen überraschend schlagkräftiger Meerschweinchen.

Nach wie vor ist Scrat die Hauptattraktion des Films. Was er wieder für verrückte Abenteuer erlebt,  ist wie jedes Mal zum Brüllen komisch (v. a. die letzte Episode). Szenen stiehlt aber auch Sids Oma, die sich in nix reinquatschen lässt und dazu praktisch unkaputtbar ist. Außerdem hat sie ein sehr praktisches Haustier.
Die Piratenbande ist unterhaltsam skurril, aber ich hätte sehr gut ohne das "Vorstellungs-Lied" leben können...
Der Plot um Peaches und ihr Bestreben, zu den coolen Kids zu gehören, ist ziemlich vorhersehbar, aber noch ganz erträglich und birgt für die Kinder die übliche Aussage "Versuch dich nicht zu verstellen, um dazuzugehören, sondern halt dich an deine wahren Freunde". Doch auch im vierten Teil schafft die "Ice Age"-Reihe es, einfach nur gute Unterhaltung zu sein. Wir haben viel gelacht.



Beautiful Thing
Und zum Abschluss etwas eher Ausgefallenes. "Beautiful Thing" ist eine schöne Geschichte ums Erwachsenwerden, die erste Liebe und das Milieu in einer britischen Hochhaussiedlung. Die beiden Teenager Jamie (Glen Berry) und Ste (Scott Neal) sind Nachbarn. Jamie  wird in der Schule ständig von seinen Mitschülern gemobbt und schwänzt deshalb besonders oft den Sportunterricht, was seine zumeist überforderte Mutter (Linda Henry) zur Verzweiflung treibt. Stes Vater ist Alkoholiker und lässt seinen Frust immer an seinem Sohn aus, den er für eine absolute Niete hält. Als es eines Nachts besonders schlimm ist, flüchtet Ste nach nebenan zu Jamie. Die beiden werden Freunde und stellen bald fest, dass da mehr zwischen ihnen ist. Aber wie soll eine Beziehung zwischen ihnen funktionieren, wenn Stes Vater es auf gar keinen Fall erfahren darf und man vor den Mitschülern nicht als Schwuchtel dastehen will?

Die Beziehung zwischen Jamie und Ste entwicklet sich glaubhaft und wird sensibel dargestellt. Die Darsteller der beiden Jungs sind sehr gut - Berry spielt Jamie als jemanden, der sein Andersein soweit akzeptiert hat, während Neal als Ste derjenige ist, der große Probleme mit der Reaktion seiner Umgebung hat, aber seine Gefühle auch nicht komplett verleugnen will. Auch die anderen Darsteller bringen ihre Rollen gut rüber und man merkt, wie desillusioniert die Menschen in dieser Siedlung sind. Jamies Mutter fühlt sich hilflos in der Erziehung ihres Sohnes, zieht aber etwas Stärke daraus, dass Leah, die Tochter ihrer Nachbarin, offensichtlich noch viel schlimmer geraten ist. Gleichzeitig hat sie aber offensichtlich doch ein gutes Herz, da sie Ste gerne hilft und auch später, als sie von Jamies Homosexualität erfährt, versucht damit klarzukommen.
"Beautiful Thing" hat einige lustige Momente, regt zum Nachdenken an und verlangt nach mehr Toleranz, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen. Einen Blick wert.