Samstag, 26. Februar 2011

The King's Speech


Hier folgt nun mein Versuch, trotz der unglaublich lauten Entwässerungsmaschine direkt neben mir (danke an den Wasserrohrbruch) und der daraus resultierenden kaum zu ertragenen Hitze irgendetwas Ergiebiges über Tom Hoopers "The King's Speech" zu schreiben. Für zwölf Oscars nominiert, darunter in den Kategorien Bester Film, Bester Hauptdarsteller, Beste Regie, Beste Nebendarsteller... eigentlich für so ziemlich alles. Und einige Preise wird der Film mit Sicherheit mit nach Hause nehmen - vollkommen zu Recht.

Erzählt wird die Geschichte von Albert, dem Duke of York, der seit frühester Kindheit unter starkem Stottern leidet, was für ihn öffentliche Auftritte, die er nun einmal als Sohn des englischen Königs zu absolvieren hat, zur Qual macht. Unzählige Ärzte konnten ihn nicht heilen und als letzten Ausweg bittet ihn seine Frau Elizabeth, den Sprachtherapeuten Lionel Logue aufzusuchen. Mit seinen unkonventionellen Methoden schafft er es tatsächlich, Alberts Stottern zu reduzieren. Dann allerdings dankt sein älterer Bruder David ab, der nach dem Tod des Vaters der neue König von England geworden war, um seine Geliebte, eine zwei Mal geschiedene Amerikanerin, zu heiraten. Albert muss als George VI nun mit Reden sein Volk unterstützen, denn der 2. Weltkrieg steht unmittelbar bevor...

Ein großartiger Film! So einfach kann man es zusammenfassen - jede Oscar-Nominierung ist vollkommen verdient. Bei "The King's Speech" handelt es sich um einen richtig guten, unterhaltsamen, mitunter sogar spannenden Schauspielerfilm. Die großartige Besetzung trägt den Film, ohne sie würde es nicht funktionieren.

Colin Firth als Albert ist grandios. Wie er die innere Aufgewühltheit dieses Mannes glaubhaft ausdrückt, der auf gar keinen Fall König werden will, der eine unglückliche Kindheit hatte, der unter seinem Stottern leidet und die Hoffnung schon fast aufgegeben hat. Sein Zusammenspiel mit dem immer wieder wunderbaren Geoffrey Rush als Logue ist perfekt und richtig unterhaltsam. Da stimmt die Chemie. Die besten Szenen des Films sind dann auch die, in denen Firth und Rush gemeinsam vertreten sind, gerade weil die Wortgefechte zwischen ihnen einen herrlich trockenen Humor beinhalten.

Auch Helena Bonham-Carter als Elizabeth (die spätere Queen Mum) ist vollkommen überzeugend - sie ist sympathisch, weich, aber man spürt trotzdem eine gewisse Bestimmtheit in ihrem Handeln, dass sie glaubhaft macht als den großen Rückhalt ihres Mannes. Sie steht bedingungslos hinter ihm und unterstützt ihn so gut sie kann. Ebenfalls sehr gut, teilweise sogar augenzwinkernd besetzt sind die Nebenrollen. Als großer Fan der BBC-Verfilmung von "Stolz & Vorurteil" mit Colin Firth habe ich mich sehr gefreut, nicht nur den Mr. Collins (David Bamber) in einer kleinen Nebenrolle als schmierigen Theaterregisseur zu sehen, sondern vor allem Jennifer Ehle, die hier Logues Ehefrau Myrtle spielt und damals die Elizabeth Bennett gab. Zugegeben, man muss zweimal hinschauen, um sie zu erkennen, aber es macht das Zusammentreffen zwischen Albert und Myrtle gleich doppelt lustig. *g*

Guy Pearce als David (Edward VIII) und Eve Best als seine Geliebte Wallis Simpson sind sofort richtig unsympathisch und damit ebenfalls gut besetzt.Etwas seltsam war es allerdings schon, Timothy Spall als Churchill zu sehen. Ich kann nicht anders, Spall wird für mich auf ewig die Ratte Pettigrew aus "Harry Potter" bleiben...

Überraschend fand ich, wie humvorvoll "The King's Speech" ist. Vor allem die schon erwähnten Wortgefechte zwischen Albert und Logue sind urkomisch, aber es schimmert immer wieder auch in anderen Szenen trockener Humor durch, der einen schmunzeln lässt. Besonders gut angekommen ist die Szene, in der Logue Albert auffordert, alle Schimpfwörter, die ihm einfallen, herauszuschreien. Das böse F-Wort kommt besonders häufig zum Einsatz, was dem Film in den USA ein R-Rating einbrachte. Ist ja auch logisch. Warum sollten Jugendliche auch einen Film sehen dürfen, in dem so ein böses Wort mehr als drei Mal gesagt wird? Das könnte sie für den Rest ihres Lebens traumatisieren. Wen interessiert da noch die Geschichte, in der mit Hilfe von Freundschaft und Vertrauen persönliche Schwierigkeiten und Schwächen überwunden werden. Dann schon lieber "Transformers 2", das sind wenigstens Identifikationsfiguren!

Ähm ja. Möglicherweise merkt man, dass ich diese Entscheidung der MPAA absolut lächerlich finde.

Weiter im Text. Nicht nur die Schauspieler sind großartig, auch die Musik passt sich sehr gut dem Geschehen an und unterstützt die Szenen. Sehr gute Kameraarbeit, realistische Kostüme, tolle Ausstattung, effektvoller Schnitt... was will man mehr? Gut, möchte man unbedingt etwas monieren, dann könnte man vielleicht anführen, dass die historischen Fakten etwas gedreht wurden, um die Dramatik zu erhöhen (so hielt Albert bereits 1927 dank Logues Hilfe eine stotterfreie Rede in Canberra), aber schließlich ist es ja immer noch ein Film und ein bisschen Dramatik gehört dazu. ;)

Interessant war es, das Publikum zu beobachten. Bei beiden Vorstellungen haben wir das Durchschnittsalter deutlich gesenkt - ich habe noch nie so viele Leute über 50 im Kino gesehen. Das führte aber auch dazu, dass es sehr angenehme Kinobesuche waren. Keine kichernden Teenies, keine Handyspielereien, kein lautes Tütenknistern. Warum kann es nicht immer so sein?

Fazit: Unbedingt reingehen! Großartige Schauspieler und gute Inszenierung fesseln den Zuschauer bis zur letzten Minute - und das ganz ohne Effekthascherei!

2 Kommentare:

Mel hat gesagt…

Da wollte ich damals unbedingt reingehen, habs dann aber total verplant. Nach deiner Review landet die DVD aber auf jedem Fall auf der Liste-der-als-nächstes-zu-erstehenden-Medien (ja, so eine hab ich wirklich^^)
Dein/euer Blog gefällt mir richtig gut - hier gibts so viel zu gucken und zu lesen! :D Und den Titel find ich gar nicht unoriginell - im Gegenteil! :D

Luanalara hat gesagt…

Ich glaub dir das mit der Liste, ich mach das nämlich auch. *g* Sonst verliert man ja auch völlig den Überblick...

Das freut mich, dass dir der Blog gefällt. Mit dem Titel haben wir lange rumgefrickelt, bis uns etwas einfiel, dass wir ganz gut fanden. Ist immer am schwersten, das Schreiben der Beiträge geht da deutlich einfacher (wenn ich im Moment auch wieder etwas weniger poste, aber ich hab bald Urlaub!).